Glosse

Der Rest der Welt

Süß, süßer, Sommerferien Foto: Getty Images

Glosse

Der Rest der Welt

Zuckersucht und WhatsApp-Streik: Willkommen in den Sommerferien

von Margalit Edelstein  11.07.2019 11:35 Uhr

Eigentlich wollte ich ja nur mal schnell Brötchen holen. War aber keine gute Idee, jetzt in den Sommerferien um 8 Uhr früh bereits ins »Kosherland« zu gehen. Eine Stampede kreischender Kleinkinder wälzt sich wie eine hyperaktive Woge durch den Supermarkt, um sich vor dem circa drei Kilometer langen Süßigkeitenregal niederzulassen.

Zucker! Die kleinen Zucker-Junkies müssen sich vor dem langen Tag im Day Camp erst einmal mit dem nötigsten versorgen: Zuckerzeug, in allen Farben des Regenbogens schillernd, alles US-Importe und allesamt vollgepackt mit den gruseligsten Inhaltsstoffen, künstlichen Farb- und Aromastoffen.

Ein Glück, dass meine Kinder gerade im Sommerferienlager am Meer weilen, weit weg von solchen Scheußlichkeiten, und natürlich habe ich ihnen nur Süßigkeiten auf Frucht- und Nussbasis mitgegeben! An der Kasse checke ich noch einmal meinen WhatsApp-Feed: Alle paar Stunden erreichen neue Fotos vom Ferienlager unsere Eltern-WhatsApp-Gruppe, damit wir uns an unseren gutgelaunten, braungebrannten Sprößlingen erfreuen können.

Dörrobst Komischerweise sehen meine Zwillinge auf den letzten Fotos extrem schlecht gelaunt aus. Hmm, ungewöhnlich. Ich rufe die Madrichim an, um mal nach dem Rechten zu sehen. Die Zwillinge haben eine Nachricht für mich hinterlassen: »Superpeinlich, Deine blöden Dörrobst-Riegel! Wir werden von allen ausgelacht Schick richtige Süßigkeiten! Dringend!« Ich schreibe zurück: »Vergesst es!«

Mit der nächsten Ladung Whatsapp-Fotos kommt eine Frontalansicht des Ferienlagers. Aus zwei Fenstern hängen rosa Leintücher, bepinselt mit einer Botschaft: Schick was Süßes, Mama!

Antwerpen Und Antwerpen wäre nicht Antwerpen, wenn sich hierauf nicht alle anderen Mamas einschalten würden. Es ist nun einmal die Stadt, in der jeder seinen Senf dazugeben muss. »So schick ihnen doch endlich was Süßes!«, schreiben die anderen Mütter. »Die Ärmsten können einem ja wirklich leid tun!«

Ich beschließe, standhaft zu bleiben. Die Kids teilen mir daraufhin über ihre Madrich mit, dass sie sich in den Streik begeben. Wie jetzt, Streik? Ganz einfach, ab jetzt erreichen mich nur noch Fotos von anderen strahlenden, braungebrannten Kindern am Strand. Denn die Zwillinge befinden sich im WhatsApp-Foto-Streik!

Der krassen Zuckersucht meiner Kinder steht leider meine noch krassere Sucht nach ständiger Versorgung mit Kiddie-Fotos gegenüber. Ich halte das nicht einen Tag lang aus! OK, ich ergebe mich!

High Mit letzter Kraft schleppe ich mich zum Süßigkeitenregal und greife nach einigen schillernden, rosa und grün glitzernden Tüten, die himmlisch nach Fruchtaroma duften. Hmmmmm! Auf dem Weg zum Postamt öffne ich verstohlen eine Tüte und schiebe mir eine supersofte rosa Karamelle in den Mund. Wow! Noch nie habe ich so eine Explosion an Aroma erlebt.

Als ob meine Geschmackspapillen auf einer Mega-Party am Abtanzen sind. Eine Wolke von Wohlsein umgibt mich. Ich fühle mich richtig gut! Mehr!! Mehr von dem Zeug!! Ob das Süßigkeiten-Paket am Ende die Zwillinge an ihrem Ferienort erreicht hat, oder ob ich am Ende doch alles selbst aufgefuttert habe, erfahren Sie in der nächsten Folge.

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  16.04.2025