Glosse

Der Rest der Welt

»School’s out for Summer« – und jetzt ab nach Tirol? Foto: Annette Birkenfeld

Noch eine Woche, bis wir im Flieger sitzen. Noch 96 Stunden. Noch 72. Noch 48 Stunden bis zum Auszug aus Berlin! Ich hätte nie gedacht, dass der Stress vor den Sommerferien schlimmer sein könnte als der Countdown vor Pessach.

Aber was ist schon der Kaschrut-Overkill, der vor dem Fest auch die säkularsten Juden überfällt (»Ist Apfelessig Chametz?«), gegen die Koordinierungsleistungen, die arbeitende Mütter in der letzten Schulwoche vollbringen müssen?

Seder Anders als beim Kochen für den Seder, das man auf mehrere Schultern verteilen kann, muss ich meinen Sohn (fast) alleine durch die Tage dirigieren, in denen wegen Projektwoche, Zeugnisausgabe et cetera die Nachmittagsbetreuung ausfällt.

Im Prinzip kann ich mich nicht beschweren, denn obwohl mein Kind ein Gymnasium besucht, gibt es immerhin überhaupt Betreuung nach dem Unterricht. Nur nicht in der letzten Schulwoche. Leider ist mir das zu spät aufgefallen. Panisch habe ich ein paar Freundinnen angerufen, die auch noch keinen Plan hatten. Jetzt müssen wir alle improvisieren. Warum eigentlich?

Schawuot Genauso wenig, wie ich eingesehen habe, warum ein jüdischer Kindergarten an Erew Schawuot um zwölf Uhr schließt, obwohl der frühsommerliche Feiertag erst beginnt, wenn kleine Kinder längst im Bett liegen, fehlt mir jedes Verständnis dafür, dass der Schulhort schon seit Montag dicht ist. Sind sechseinhalb Wochen Ferien etwa nicht genug?

Aber für mein Gejammer haben leider nur manche Mütter ein geneigtes Ohr. Von anderen musste ich mir schon zu Kita-Zeiten sagen lassen, ich solle doch lieber eine andere Einrichtung für meinen Sohn suchen, wenn ich wegen jüdischer Feiertage keine Opfer bringen wolle. (Das waren die Mütter mit den Immobilien-Mackern.)

Oder dass das Elterntreffen um 15.30 Uhr eben ohne mich stattfindet, wenn ich es nicht einrichten könne. (Das waren die Mütter mit den Nannys.) Heute werden die gestressten Pädagogen in Schutz genommen. Oder es heißt, ich solle eben weniger arbeiten. Na ja, was soll’s. Noch 48 Stunden bis zum Abflug!

Tirol Dann kam noch mein Sohn mit einem Wunsch um die Ecke, den keine jüdische Mutter abschlagen kann: Er will nach unserem Wanderurlaub in Tirol unbedingt auf Machane.

Ich beneide ihn sogar ein bisschen, denn ich war als Kind kein einziges Mal bei einem Machane. Allerdings wäre es praktischer gewesen, er hätte sich nicht erst im letzten Moment entschieden, denn die Bestätigung, dass er gesund ist, muss logischerweise ausgestellt werden, bevor die Ärztin selbst in Urlaub fährt. Ein weiterer Punkt auf meiner To-do-Liste.

Rosch Haschana Und damit verabschiede ich mich in die Sommerferien und wünsche allen Leserinnen und Lesern gute Erholung! Spätestens vor Rosch Haschana beginnt wieder der Feiertagsstress. Ich kündige jetzt schon an: Wer von mir eingeladen werden will, muss bereit sein, das Kinderprogramm zu schmeißen und seinen Fischkopf selbst mitzubringen!

München

Münchner Amerikahaus zeigt Bilder der US-Fotografin Lee Miller

Kate Winslet setzte Lee Miller mit »Die Fotografin« ein filmisches Denkmal. Einen Einblick in Millers herausragendes Werk gibt nun eine Münchner Schau.

 05.02.2025

Los Angeles

Adrien Brody: Kim Kardashian jagte mein Internet in die Luft

Adrien Brody kann für seine Rolle in »Der Brutalist« auf einen zweiten Oscar hoffen. Große Aufmerksamkeit bekam er zuletzt auch wegen eines Projekts, in dem er gar nicht mitspielt

 04.02.2025

Kulturkolumne

Die Willkür von Symbolen

Gedanken zu Swastika, Hakenkreuz und roten Dreiecken in Fernost

von Laura Cazés  04.02.2025

Kassel

Documenta-Gesellschaft veröffentlicht Verhaltenskodex

Die Weltkunstschau trete »jeder Form von Antisemitismus, Rassismus und jedweder anderen Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« aktiv entgegen, heißt es darin

 03.02.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Von wegen Laufmaschen: Geschichten aus Strumpfhausen

von Nicole Dreyfus  03.02.2025

Eurovision

Der traurigste Tanz der Welt

Yuval Raphael überlebte den Nova-Rave am 7. Oktober. Nun vertritt sie Israel beim Song Contest

von Sabine Brandes  02.02.2025

Aufgegabelt

Jerusalemer Bagel

Rezepte und Leckeres

 02.02.2025

TV-Tipp

Paul Newman im großen Arte-Themenabend

Spielerdrama »Die Farbe des Geldes« und Doku über den US-Filmstar

 01.02.2025

Kultur

Uraufführung des Oratoriums »Annes Passion«

Über die Darstellung von Anne Frank in veschiedenen Kunstformen streiten Historiker und Autoren seit mindestens 70 Jahren. Das Oratorium von Evgeni Orkin entfacht die Kontroverse neu

von Valentin Schmid  31.01.2025