Glosse

Der Rest der Welt

»Fridays for Future«-Demo am 1. März in Berlin Foto: imago images / IPON

Mein zehnjähriger Sohn will das Klima retten. »Mama, schreibst du mir eine Entschuldigung? Ich will zu ›Fridays for Future‹«, bettelte er in der vergangenen Woche jeden Tag.

»Nichts da«, sagte ich. »Ihr schreibt eine Klassenarbeit.« »Aber nur in der ersten Stunde«, sagte mein Sohn. »In den letzten sechs Stunden kann ich demonstrieren. Außerdem gehen Friedrich, Eckbert und Martha auch hin.« Ich blieb hart. »Mir egal, was Friedrich, Eckbert und Martha machen. Du kannst viel mehr für das Klima tun, wenn du weniger Plastiktüten benutzt und nicht so viel Essen auf deinen Teller lädst, das wir danach wegwerfen müssen«, argumentierte ich und fühlte mich wie die schlimmste Spießerin auf Erden.

planet b Mein Sohn sah mich an, als sei ich die schlimmste Spießerin auf Erden, baute sich vor mir auf und rief: »Was nützt mir gute Bildung, wenn wir eine Scheiß-Zukunft haben? Es gibt keinen Planet B!« Er hat ja recht. Aber wenn ich schon in der fünften Klasse anfange, Entschuldigungen für Polit-Events zu schreiben, wird es dabei nicht bleiben – und mein Sohn, wie ich ihn kenne, wird sich auf den Präzedenzfall berufen.

Das tut er bereits: Am Freitag, behauptete er, habe er in der Schule schrecklich gefroren. Deshalb sei er jetzt krank. Wäre er zu »Fridays for Future« gegangen, wie angeblich Martha (Friedrich und Eckbert, stellte sich heraus, waren doch nicht auf der Demo), hätte er sich nicht erkältet. Dabei war ich heute Morgen, so hörte ich im Schulsekretariat, schon die siebte Mutter, die aus seiner Klasse ein krankes Kind gemeldet hat. Als ob jedes Fiebervirus mit dem Klimawandel zu tun hätte!

»Warum hast du ihm nicht erlaubt, zur Demo zu gehen?«, fragte mich eine Freundin.

»Warum hast du ihm nicht erlaubt, zur Demo zu gehen?«, fragte mich eine Freundin. Weil ich finde: Kinder brauchen spießige Mütter! In den 80ern tummelten sich auf jeder Friedensdemo die Lehrer unserer progressiven Gesamtschule. Mit 14 habe ich eine Freundin vom Humboldt-Gymnasium schwer beneidet – sie hatte einen schrecklichen Latein-Pauker. Ein echtes Feindbild! Was meinen Sie, warum mein Sohn ein altsprachliches Gymnasium besucht?

pauker Aber Pauker sind heutzutage auch nicht mehr, was sie einmal waren. Auf dem Schreibtisch meines Sohnes habe ich einen roten Ordner »Politische Themen« entdeckt, darin Texte aus dem »Gewi«-Unterricht (so nennt man heute in Berlin Sozialkunde) zu »Fridays for Future« und ein kopiertes Pro & Contra aus dem Kinder-»Spiegel«: »Sollen Schüler für das Klima streiken?«

Eine Berliner Schülervertreterin schreibt da, in Zukunft werde vielleicht die beste Schulbildung nicht mehr viel nützen. Die Bildungsministerin aus NRW meint: »Die Schulen müssen neutral bleiben. Natürlich kann man sich auch innerhalb der Schule mit dem Klima beschäftigen.« Meinem Sohn gegenüber werde ich die Ministerin herauskehren! Zu »Fridays for Future« darf er frühestens im Mai – wenn wegen der Abi-Prüfungen der Unterricht sowieso ausfällt. Falls der Planet dann noch existiert.

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  24.02.2025

Dessau-Roßlau

Revolutionär der Musik

Der jüdische Komponist Kurt Weill wurde im April vor 125 Jahren geboren

von Oliver Gierens  24.02.2025

Meinung

Was gehen uns Israel und die Geiseln an?!

Es ist bezeichnend, dass weder in der »Elefantenrunde« noch in den anderen großen Sendungen zur Wahl Israel und der dramatisch gestiegene Judenhass ein Thema waren

von Maria Ossowski  24.02.2025

Los Angeles

Timothée Chalamet gewinnt SAG Award

Die Auszeichnung gilt als wichtiger Gradmesser für die Oscars

 24.02.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Minimalistisch oder altersgerecht: in Worten fünfundvierzig

von Katrin Richter  23.02.2025

Aufgegabelt

Gulasch mit Paprika und Kartoffeln

Rezepte und Leckeres

von Ruth Raber  23.02.2025

Berlinale-Preisverleihung

Ohne Israelhass geht es nicht

Der gute Wille war da bei der neuen Festivalleitung, doch auch bei der Verleihung der Bären am Samstagabend kam es zu anti-israelischen Aussetzern

von Sophie Albers Ben Chamo  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025