Frau und Kinder waren eine Woche in Israel. Die Hochzeit der besten Freundin meiner Frau stand an. Zurück blieben: ich, die Katze, das Kaninchen. Das Kaninchen heißt Silvia. Es gehört meiner Tochter.
Kurz vor ihrer Abreise ins Heilige Land war Tobias, der Lebenspartner von Silvia, schwer erkrankt. Wir waren dreimal bei der Tierärztin. Die lebenserhaltenden Maßnahmen kosteten so viel wie zehn neue Kaninchen. Beim vierten Mal bettelte ich: »Frau Doktor, bitte einschläfern!«
Ich musste meiner Tochter bei allen Göttern schwören, gut auf Silvia aufzupassen.
Das war ein schlimmer Schlag für unsere Tochter. Ich musste ihr bei allen Göttern schwören, gut auf Silvia aufzupassen. Ich guckte Silvia an. Sie flüchtete in ihr Häuschen.
Ich sage es mal vorsichtig: Es gibt sympathischere Tiere als Silvia. Ich legte ihr am Donnerstagmorgen einen Kopfsalat hin. Als Dank wollte mir das Nagetier in den Finger beißen.
Balkon Als die Familie am Freitag in Tel Aviv landete, erhielt ich eine Nachricht: »Wir sind gut gelandet. Wie geht es Silvia?« Gute Frage. Ich guckte in den Stall. Keine Silvia. Ich guckte vom Balkon runter. Auch nichts. Ich schrieb zurück: »Silvia geht es hervorragend.« Dann ging ich zur Arbeit.
Kurz vor Schabbat kam ich nach Hause. Ich machte Kiddusch und aß Bamba mit Mayonnaise. Dazu trank ich eine Flasche Wein. Irgendwann hörte ich vom Balkon her einen dumpfen Knall. Silvia lebte also immer noch. Sie stieß immer wieder mit ihrem Kopf gegen das Gitter. Ich hob das Tier aus dem Käfig. Silvia strampelte mit ihren Hinterbeinen gegen mein Gesicht.
Schreck Ich schrie auf. Es tat höllisch weh. Vor Schreck ließ ich sie fallen. Silvia überlebte den Sturz und flüchtete sich hinter das Bett. Meine Frau kommt dort nur mit dem Staubsaugeraufsatz durch. »Dann bleib doch dort!«, herrschte ich das Lieblingswesen meiner Tochter an.
Ich machte Kiddusch und aß Bamba mit Mayonnaise.
Silvia nahm die Einladung an. Sie verrichtet dort auch ihr Geschäft. Es roch bestialisch. Und erst das schöne Parkett!
Möhren Langsam begann ich, mir Sorgen zu machen. Am Sonntag versuchte ich, das Tier mit Möhren aus seiner Deckung zu locken. Die Tochter schickte mir eine Nachricht: »Ich vermisse Silvia so sehr! Schick mir bitte ein Foto von ihr!« Ich schrieb meiner Frau: »Wo ist der Ansatz vom Staubsauger?«
Da kam mir die Katze in den Sinn. Ich warf Leckerlis in die Ritze, wo ich Silvia vermutete. »Fass!«, spornte ich die Katze an und zeigte mit dem Finger in die Richtung. Aber die Katze legte sich auf den Rücken und wollte gekrault werden.
Mühsam schob ich das Bett zur Seite. Silvia gurrte mich feindlich an. Ich packte das wilde Tier und sperrte es wieder in seinen Käfig. Ich war geschafft, aber andererseits tief beeindruckt. So viel Wille und Kraft – das kenne ich sonst nur von den Israelis.