Finale

Der Rest der Welt

Was hätten Sie geantwortet, wenn sich kurz vor Rosch Haschana ein Mal’ach HaScharet, ein Dienstengel aus dem Heiligen Land, in Ihrem Wohnzimmer niedergelassen und Sie nach Ihren Wünschen für das Jahr 5773 gefragt hätte? Sie werden es nicht glauben, mir ist das wirklich passiert.

Ein echter Dienstengel mit blonden Locken, einem langen, weißen Bart und wunderschönen Flügeln flatterte zum Balkon herein, landete auf unserem Sofa und fragte auf Hebräisch: »Efschar Laasor? Kann ich dir irgendwie helfen?« Ich war begeistert und bat das himmlische Wesen: »Könntest du meine Steuererklärung für 2011 abschließen? Bitte, setz dich sofort daran, wenn Rosch Haschana vorbei ist.« Was tat der Engel? Er breitete die Flügel aus und flog zum Fenster hinaus. Ich ärgerte mich – und wusste, es war meine eigene Schuld. Mit meiner banalen Bitte hatte ich den einzigen jüdischen Dienstengel vergrault, der je in meinem Wohnzimmer gesessen hatte.

Gelübde Nun bleibt mir nichts übrig, dachte ich, nach Rosch Haschana muss ich mich selbst an die Steuererklärung setzen. Und falls ich es bis Jom Kippur nicht geschafft haben sollte, werde ich einen Grund mehr haben, beim Kol Nidre in der Synagoge inbrünstig mitzusingen.

Schließlich habe ich meinem Mann schon im Sommer hoch und heilig versprochen, endlich mit dem Steuerkram fertig zu werden (er glaubt nämlich, wir bekämen Geld zurück). Schewikin, Schewitin, mögen alle meine Schwüre und Gelübde null und nichtig sein – und der Zorn verrauchen! Sicherheitshalber rief ich meinen Steuerberater an und beantragte bei meinem Finanzamt eine Fristverlängerung.

Aber den Engel hatte ich unterschätzt – er drehte über unserer Straße ein paar Runden und flog wieder zurück auf meinen Balkon. »Ich würde dir gerne helfen«, sagte er freundlich, »aber ich bin so schlecht im Rechnen. Hast du nicht noch einen anderen Wunsch?« »Ja, lieber Engel«, sagte ich erleichtert, »ich habe ein echtes Herzensanliegen.

Atlantik Lass die Beschneidungsdebatte bald enden. Spätestens zu Sukkot möchte ich nichts mehr hören von Kindheitstraumata, Körperverletzung und auch nicht von Oberrabbinern. Finde ein anderes Thema für die Deutschen und gib uns Frieden.« Der Engel wiegte sein schönes Haupt. »Weißt du«, sagte er, »die deutsche Volksseele ist schwieriger zu verstehen als das Wesen der Frauen. Soll ich dir nicht lieber eine achtspurige Autobahn über den Atlantik bauen?«

»Nett gemeint, aber was soll ich mit einer Autobahn?«, fragte ich den Engel. Der schüttelte sein blond gelocktes Haupt und lächelte sanft. Ich begann, die Unterhaltung unbefriedigend zu finden. Würde der Engel mir auch einen dritten Wunsch abschlagen? »Könntest du meine Versöhnungsmissionen für Jom Kippur übernehmen?«, fragte ich. »Bitte alle meine Redakteure um Entschuldigung, an deren Deadlines ich mich nicht gehalten habe.« »Warum?«, fragte das Flügelwesen, »du kennst sie doch viel besser als ich!« Dann lächelte er gütig, zog einen Topf Honig aus der Tasche, stellte ihn auf den Balkon und wünschte: »Schana towa! Ein gesegnetes und süßes neues Jahr!« und flog wieder davon.

Berlinale-Preisverleihung

Ohne Israelhass geht es nicht

Der gute Wille war da bei der neuen Festivalleitung, doch auch bei der Verleihung der Bären am Samstagabend kam es zu anti-israelischen Aussetzern

von Sophie Albers Ben Chamo  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025