Kennen Sie den Witz von den zwei New Yorker Juden im Jahr 1940? Der eine liest die »New York Times«, der andere den »Stürmer«. Ersterer fragt den anderen, wieso er sich mit so einer Zeitung abgebe. »Was liest du schon in deiner Zeitung?«, fragt der mit dem »Stürmer« zurück. »Dass wir Juden von überall fliehen müssen und kein eigenes Land haben. Und was lese ich? Uns gehören die Banken, und wir kontrollieren die weltweiten Geschäfte!«
Aus dieser Perspektive betrachtet, ist die Existenz von »Juden in der AfD« gar nicht so verwunderlich: War der Holocaust nur ein »Vogelschiss« und sonst nichts weiter, sind wir auch gar kein traumatisiertes, neurotisches Volk! Und wenn Frau Steinbach in ihrer Rede zur Gründung der Gruppe verkündet: »Juden sind in aller Regel Patrioten«, dann heißt das für uns: Schluss mit gefühlter Heimatlosigkeit und Fluchtplänen – viel schöner zu hören, dass wir ohne geistige Verwirrungen deutsche Heimatliebende sind!
satire-coup Natürlich habe ich aber auch Verständnis für all jene, die diese Gruppe merkwürdig finden. Ich hatte ja selbst bis zum Schluss die Hoffnung, das sei ein Satire-Coup von Oliver Polak und anderen jüdischen Unterhaltungskünstlern. Zum Glück war die Angelegenheit bei aller Tragik trotzdem auch ein wenig komisch. Hier ein Ausschnitt aus meinen Top-Ten-Kuriositäten rund um die Gründung:
Erstens: die Empörung nichtjüdischer Deutscher. »Juden – in der AfD?« Mit Schnappatmung mussten viele feststellen, dass ihre philosemitischen Stereotype falsch sind: Nicht alle Juden sind klug, manche sind sogar sehr dumm. Hoffentlich bleibt es bei dieser Enthüllung, damit die Leute nicht kapieren, dass es weitaus mehr bekloppte Juden gibt – auch außerhalb der AfD.
Zweitens: Die Frage nach den Zahlen: Wie viele Juden sind es wirklich? Bei der Pressekonferenz schwebte ein Hauch von Ariernachweis in der Luft, als Journalisten fragten: Was bedeutet es, Jude zu sein? Genügt der Glaube? Eine ethnische Zugehörigkeit? Großartig fand ich diese Antwort eines JAfD-Mitglieds: Die Zugehörigkeit zum Judentum müsse »aus dem Gespräch mit dem Bewerber hervorgehen«. Der Vorstand entscheide dann über die Aufnahme. Das stelle ich mir besonders komisch vor: »Nein Dimitri, das war nun wirklich keine jüdische Nase.«
schächten Drittens: die Reaktion auf die Frage, wie man dazu stehe, dass sich die hessische AfD gegen das Schächten ausspreche. Es gebe nicht unbedingt einen Zusammenhang zwischen Schächten und jüdischen Gemeinden, hieß es, gefolgt von einem kleinen, aber kruden Ausflug in die Geschichte: 1896 hätte die Schweiz per Volksabstimmung das Schächten verboten. »Die jüdischen Gemeinden zwischen 1933 und 1945 haben in der Schweiz überlebt, sie sind in Deutschland vernichtet worden«, war zu hören.
Nun, das ist eine ganz neue Sicht auf die Geschichte. Ich habe zwar auch schon immer geglaubt, dass koscheres Essen nicht gesund sein kann, aber so weit würde ich dann doch nicht gehen. Wenigstens müssen wir uns keine Sorgen machen, dass diese Leute der AfD einen Koscherstempel verschaffen – sie wollen nämlich gar keinen.