Finale

Der Rest der Welt

Warum ich mittwochs keine Zeit habe, den Tempel wiederaufzubauen

von Beni Frenkel  25.06.2018 19:31 Uhr

Kann immer, außer mittwochs – da ist Badminton. Foto: Thinkstock

Warum ich mittwochs keine Zeit habe, den Tempel wiederaufzubauen

von Beni Frenkel  25.06.2018 19:31 Uhr

Schon als ich ein kleiner Junge war, haben mich Zahlen fasziniert. Im Bus setzte ich mich immer nach vorne, direkt neben den Fahrer. In den ersten fünf Minuten habe ich die mit Butter beschmierten Brote meiner Mutter gegessen. Und dann begann ich zu brüllen: eins, zwei, drei, vier …, bis 100. Zufrieden nahm ich einen Block aus meiner Tasche und machte ein Kreuz. Ich legte den Block wieder in die Tasche und zählte von Neuem: eins, zwei, drei, vier ...

Manchmal gehe ich meine Eltern besuchen. Da treffe ich auf alte Leute. Sie fragen: »Entschuldigung, waren Sie der Junge, der immer so laut zählte?« Ich nicke verlegen. Die Leute wollen wissen, was aus mir geworden ist, und sind jedes Mal ein wenig enttäuscht, wenn ich ihnen meinen langweiligen Lebenslauf erzähle. Ein so komisches Kind, wie ich es damals war, hätte eigentlich Künstler oder Wissenschaftler werden müssen.

zahlen Die Faszination für Zahlen hat mich nie verlassen. Ich kann heute noch zwei zweistellige Zahlen im Kopf multiplizieren. Ich brauche dafür weniger als eine Minute. Die Leute sind dann ganz baff. Wie ich das nur schaffe, wollen sie wissen. Nun, ich verrate natürlich nicht alle meine Geheimnisse. Aber so viel sei gesagt: Wenn ich an Zahlen denke, kommen mir Farben und Gerüche in den Sinn. Vier ist braun und riecht nach Karotten, eins ist grün und schmeckt nach Hüttenkäse.

Ich bin jetzt 41 Jahre alt. In diesem Alter beginnt man langsam, Namen und Zahlen zu vergessen, zum Beispiel, wie alt man ist. Ich kann mir mein Alter gut merken. 41 ist braungrün und schmeckt nach geraspelten Möhren in fadem Hüttenkäse. So etwa fühle ich mich momentan.

präferenzen Wer sich so intensiv mit Zahlen beschäftigt wie ich, hat natürlich Präferenzen. Meine Lieblingszahl ist 6000. In der Kabbala steht nämlich, dass uns der Messias spätestens im jüdischen Jahr 6000 erlösen wird. Er reitet auf einem weißen Esel. In den heiligen Schriften steht: Alle Synagogen fliegen nach Jerusalem.

Wenn der Messias kommt, geht das Leben normal weiter. Rechnungen müssen bezahlt werden, bei Rot darf man nicht über die Straße. Allerdings wird erwartet, dass wir das Heiligtum in Jerusalem wieder aufrichten. Es wird sicher »great« und »amazing« sein.

Wir zählen momentan das jüdische Jahr 5778. Ich hoffe natürlich, dass der Messias früher kommt als erst im Jahr 6000. Ich persönlich würde das Jahr 5803 präferieren. Dann bin ich pensioniert und hätte Zeit für den Tempelbau. Nur mittwochs nicht. Da spiele ich Badminton.

Glosse

Der Rest der Welt

Minimalistisch oder altersgerecht: in Worten fünfundvierzig

von Katrin Richter  23.02.2025

Aufgegabelt

Gulasch mit Paprika und Kartoffeln

Rezepte und Leckeres

von Ruth Raber  23.02.2025

Berlinale-Preisverleihung

Ohne Israelhass geht es nicht

Der gute Wille war da bei der neuen Festivalleitung, doch auch bei der Verleihung der Bären am Samstagabend kam es zu anti-israelischen Aussetzern

von Sophie Albers Ben Chamo  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025