Finale

Der Rest der Welt

Viele Eltern geben ihren Kindern unmögliche Namen. Rabbiner Carlebach hat das schon vor 100 Jahren erleben müssen. Foto: Thinkstock

Ende vergangenen Jahres habe ich mich ein bisschen zurückgezogen und ein Buch mehrmals durchgelesen. Das Werk heißt Ratgeber für das jüdische Haus, verfasst von Rabbiner Dr. Salomon Carlebach (1848–1919).

Das Buch erschien 1918 im Berliner Verlag Hausfreund. Es ist also 100 Jahre alt. Für eine Rezension ist es zu spät. Trotzdem möchte ich das Werk jedem jüdischen Paar empfehlen. Warum? Weil die Sprache Carlebachs einmalig ist, und weil seine Ratschläge immer noch ihre Gültigkeit haben.

Carlebach Zum Beispiel das leidige Thema der Namensgebung. Viele Eltern geben ihren Kindern unmögliche Namen. Rabbiner Carlebach hat das schon vor 100 Jahren erleben müssen: »Es geht mit Namen wie mit der Kleidung. Ist ein Kleidungsstück aus der Mode gekommen, dann wirkt es komisch und reizt zum Spott. So auch bei Namen.« Beispiele liefert er gleich viele: »Taube, Täubchen, Vogel, Vögelein, Vögelchen, Hündchen, Prinzchen.«

Diese Unsitte ist auch heute noch verbreitet. Ich kenne in Zürich jüdische Männer, die Aschi, Uschi, Pini, Schmuli, Nussi, Jidele oder Kiwele heißen.

Rabbiner Carlebach schrieb seinen Ratgeber im hohen Alter von 70 Jahren. Unzählige Paare hat er unter den Baldachin geführt. Und noch mehr jungen Männern und Frauen hat er mit klugen Tipps geholfen. Die Männer nimmt er sich hart zur Brust. So schreibt er: »Wenn deine Gattin nicht so sparsam veranlagt ist wie du selbst«, dann liegt die Ursache unter anderem darin, dass »viele Frauen das Rechnen nicht so gut verstehen wie ein Mann«.
Gut, aber was soll man mit so einem Weib machen? Gib ihr nach, rät Rabbiner Carlebach: »Die Vorsehung wird dir beistehen, dass deiner Ehre, deiner Einfachheit, deinem Erwerbsleben kein Schaden erwächst.«

Gatte Zurücklehnen gilt aber leider trotzdem nicht. Das trifft ebenso auf Frauen zu, die mit einem wahrhaft widerlichen Gatten gestraft sind. Wenn sich nämlich herausstellen sollte, dass die holden Frauen – Gott sei’s geklagt – in die Hände »einer Null« geraten sind, müssen sich die armen Geschöpfe trotzdem »zwingen, ihn zu ehren, denn so verlangt es von ihnen der Weltenkönig, der ihr diesen Gatten bestimmt hat«.

Viel hat sich in den vergangenen 100 Jahren geändert. Anderes leider nicht: »Ein nicht seltener Grund zu Misshelligkeiten be­steht im Benehmen des Mannes. Jede Frau hat ein gewisses Bedürfnis nach Liebenswürdigkei­ten, Aufmerksamkeiten, Liebko­sungen, Ne­ckereien, Zeichen der Liebe und der Zuneigung. Und der Mann lässt es an alledem fehlen.« Das soll sich 2018 ändern. Schatz, ich komme!

Theater

Wenn Schicksale sich reimen

Yael Ronens »Replay« erzählt die Geschichte einer DDR-Familie in Zyklen

von Leonie Ettinger  22.12.2024

Gute Vorsätze

100 Prozent Planerfüllung

Warum unsere Redakteurin 2025 pünktlicher sein will als die Deutsche Bahn

von Katrin Richter  22.12.2024

Meinung

Eine Replik von Eva Menasse auf Lorenz S. Beckhardts Text »Der PEN Berlin und die Feinde Israels«

von Eva Menasse  21.12.2024

Hessen

Darmstadt: Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige gegen evangelische Gemeinde

Empörung wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024 Aktualisiert

Kino

Film-Drama um Freud und den Lieben Gott

»Freud - Jenseits des Glaubens« ist ein kammerspielartiges Dialogdrama über eine Begegnung zwischen Sigmund Freud und dem Schriftsteller C.S. Lewis kurz vor dem Tod des berühmten Psychoanalytikers

von Christian Horn  19.12.2024

TV-Tipp

»Oliver Twist«: Herausragende Dickens-Verfilmung von Roman Polanski

Sittengemälde als düstere Bestandsaufnahme über die geschilderte Zeitperiode hinaus

von Jan Lehr  19.12.2024

Literatur

Gefeierter Romancier und politischer Autor: 150 Jahre Thomas Mann

Seine Romane prägten eine Epoche und werden noch heute weltweit gelesen. Zugleich war Thomas Mann auch ein politischer Autor, woran im Jubiläumsjahr 2025 zahlreiche Publikationen erinnern

von Klaus Blume  19.12.2024

Glosse

Kniefall 2.0

Ist Markus Söder jetzt alles Wurst oder erfüllt er nur die Erwartungen der jüdischen Gemeinschaft?

von Michael Thaidigsmann  19.12.2024

Aufgegabelt

Einstein-Lachs-Tatar

Rezept der Woche

 19.12.2024