Finale

Der Rest der Welt

Wenn die Kinder unterwegs sind, sind die Mütter gut informiert – auch morgen um 5.30 Uhr. Foto: Thinkstock

Sirenengeheul reißt mich um zwei Uhr nachts aus dem Schlaf. Kein Wunder: Ich hatte den SMS-Benachrichtigungston vor dem Schlafengehen selbst auf extralaut eingestellt, um ja keine Kurzmitteilung von meiner Tochter zu verpassen!

Die sitzt nämlich die ganze Nacht mit ihren Madrichim in einem Reisebus. Destination: idiotisches Machane im Gebirgskaff, irgendwo im Nirgendwo. »Mama, ich hab’ Kaugummi in den Haaren!«, heult Emma in der Nachricht. Ich simse zurück: »Tu Eiswürfel darauf. Das hilft!« Und falle in einen klaftertiefen Schlaf. Bis vier Uhr früh.

Sirenengeheul! »Ich kann nicht schlafen!«, simst Emma. »Dann bleib halt wach!«, simse ich postwendend. Um 4.30 Uhr erfahre ich per Kurzmitteilung, dass die Wasservorräte ausgegangen sind. Um 5.30 Uhr hält der Bus an einer Tankstelle, um 6.15 Uhr hat Emma einen fürchterlichen Schluckauf. Und ich bin immer live dabei.

Ich schleppe mich völlig übernächtigt ins Büro. Als mir Emma simst, der Bus sei nun endlich angekommen, schrecke ich hoch. Auf meiner linken Wange ein Tastatur-Abdruck. Ich bin am Schreibtisch eingepennt! Mittags erreicht mich dann eine Nachricht: »Mama, wir steigen einen Berg hoch und machen Dropping«.

Dropping? Was soll das denn sein? Fieberhaftes Googeln ergibt: Dropping – die mit Kompass und Landkarte ausgerüstete Wandergruppe wird inmitten eines unbekannten Geländes ausgesetzt und muss dann allein den Weg nach Hause finden! Panisch und mit schweißnassen Händen wähle ich Emmas Nummer, dann die der Madrichim: keine Antwort.

Wahrscheinlich kein Empfang in dem blöden Gebirge. Als mich die nächste SMS erreicht, ist es Abend, und ich bin um einige Jahre gealtert. »Wir bauen jetzt die Zelte auf! Gute Nacht«, lautet die fröhliche Nachricht. Zelte? Was denn für Zelte? Niemand hat mich vorgewarnt, dass meine arme kleine Emma nachts mitten in der Pampa in einem zugigen, feuchten, steinharten Zelt übernachten würde!

Ich bekomme einen Nervenzusammenbruch und hänge schluchzend über meinem Handy. Mein Mann erinnert mich daran, dass es dort im Gebirge zumindest keine Bären und Löwen gibt. Und die Säbelzahntiger seien schon lange ausgestorben. Also kein Grund zur Beunruhigung. – Sehr witzig.

Madrich Am nächsten Morgen folgen SMS-Berichte von Blasen an den Füßen, davon, wie die Kleinen ihren Madrich samt Rucksack in einen Bergsee geschubst haben, dass es in der Folge mittags nur aufgeweichte Sandwiches gab, weil der Proviant dummerweise mit im Rucksack war.

Als die Mädels endlich wieder in der Jugendherberge angekommen sind, haben die Madrichim die Nase voll von hysterischen Müttern, die dauernd anrufen, und konfiszieren alle Handys.

Danach gründen die Madrichim eine offizielle WhatsApp-Gruppe für die Eltern, und von da an erreichen uns nur noch sorgfältig ausgewählte Happy-Bilder: Emma mit nutellaverschmiertem Strahlegesicht am Frühstückstisch, Wasserschlacht am malerischen Dorfbrunnen, Emmas Gruppe mit Blumen- kränzen auf den Köpfen auf einer Bergwiese, umgeben von Milka-Kühen. Was sich hinter dieser Kulisse wirklich abspielt, will ich gar nicht wissen!

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025