Schlaflos starre ich seit Stunden in das unheilvolle blaue Leuchten meines Smartphones, das mich mit Horrorstorys aus der ganzen Welt wachhält. Dabei wollte ich doch nur kurz googeln, was so alles schiefgehen kann, wenn man – so wie ich – eine Reise ins nichteuropäische Ausland plant. Und jetzt surfe ich mit zitternden Fingern von einer Katastrophe zur anderen.
Besonders nervös macht mich die Vorstellung, im Ausland ein Auto zu mieten. Google gibt mir recht: Die armen Trottel auf meinem Smartphone-Bildschirm schlittern von einem Schlamassel ins nächste.
Der eine hat auf der Autobahn einen Pferdeanhänger gerammt. Das Pferd darin war leider nicht krankenversichert, und jetzt muss der arme Dussel die Pferde-Hüft-OP in Raten abbezahlen.
Kreditkarte Der andere hat erst nach seiner Rückkehr bemerkt, dass der Autovermieter sein Kreditkartenkonto wegen einiger Kratzer im Lack restlos leergeräumt hat, und jetzt muss er sich mit Rechtsanwälten herumschlagen, um die Kohle zurückzubekommen.
Ganz zu schweigen von den vielen anderen Sachen, die schiefgehen können. Schimmelige, aber hochpreisige und nicht stornierbare Hotelzimmer, makellose Strände, die genau bei Anreise von einer Quallenplage heimgesucht werden, blutrünstige Moskitos, Nahrungsmittelallergien, Hitzewellen und Kreislaufkollaps! Ich schlafe schon seit Nächten nicht mehr.
Was ich brauche, ist ein totaler No-risk-Urlaub. Da ich, wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, ein nervöser Typ bin, bleibe ich am liebsten in meiner Komfortzone. Alain, mein Mann, stellt mir also einen À-la-carte-Urlaub für Nervenschwache zusammen.
Quallensaison Nach Israel im Juni, also vor der Quallensaison. Wohnen würden wir in einem malerischen Moschaw bei Alains Kumpel. Wir würden uns nur in einem klimatisierten Taxi fortbewegen, Alain würde mir eine Eins-a-Reiseapotheke zusammenstellen und mir außerdem die Handynummer der Moschaw-Krankenschwester besorgen. »Jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen«, meinte er.
Dachte ich auch: Dass der Moschaw dummerweise meilenweit von irgendwelchen Stränden entfernt irgendwo im Negev liegt und die Klimaanlage des Taxis gleich am ersten Tag ausfiel, konnte mein Mann natürlich nicht ahnen. Ich erlitt einen mittleren Nervenzusammenbruch und wurde daraufhin sehr freundlich von Alains diversen Tanten, Cousins und Cousinen aufgenommen.
Wir wurden reihum weitergereicht und lernten so einige sehr schöne Gegenden des Landes kennen. Auch hatte ein Cousin einen Swimmingpool, der andere einen privaten Orangenhain hinterm Haus, die Cousine kochte traumhaft, und die Tante wohnte direkt am Strand und hatte Netflix. Alles in allem also ein durchaus gelungener Urlaub, und ich habe mich wieder einmal umsonst gestresst.