Schon bemerkt? Die Menschen werden immer fauler. Wir leben schließlich im Zeitalter der Gadgets, der kleinen Helferlein, die uns alles abnehmen. Manche Leute übertreiben diesen Trend total: Das nennt man dann Over-Gadgetization.
Neulich waren wir bei solchen Over-Gadgetized-Leuten zu Besuch: Die Eingangstür öffnete sich automatisch mit leichtem Summen, wir betraten das Haus, alle Lichter gingen ganz von selbst an, geschmackvolle kleine Lämpchen auf dem Fußboden leuchteten auf und wiesen uns den Weg ins Wohnzimmer. Unsere Gastgeber mussten nicht einmal aufstehen und empfingen uns lümmelnd auf dem Sofa. »Alexa, bitte das Licht dimmen und die Heizung etwas höher schalten«, nuschelte der Hausherr aus den Tiefen der Sofakissen.
Aperitif »Alexa? Wer ist denn das? Habt ihr neuerdings Personal?«, meinte ich unsicher und erwartete jeden Moment, dass eine Person in Schürze und Spitzenhäubchen mit Kanapees und dem Aperitif ins Zimmer treten würde. »Alexa ist unser neuer dienstbarer Geist aus dem Internet«, erklärte der Hausherr mit stolzgeschwellter Brust.
»Das Alexa-System kommt aus den USA. Brandneu! Alexa kann einfach alles über diesen kleinen Lautsprecher hier! Sie kann das Wetter vorhersagen, im Internet shoppen, euch für nachher ein Taxi bestellen, schauen, was gerade im Kino läuft. Du musst sie nur mit ihrem Namen ansprechen – schon macht sie alles, was du willst! Fantastisch, oder?« Wir waren sprachlos.
»Bitte begeben Sie sich ins Esszimmer, Ihr Dinner ist angerichtet und hat die korrekte Temperatur erreicht«, tönte Alexas wohlmodulierte Stimme aus dem High-End-Soundsystem. Gehorsam begaben wir uns ins Esszimmer. »Alexa, bitte schalte den Ofen aus und spiele soften Jazz für einen entspannten Abend mit Freunden«, meinte der Hausherr wohlwollend. Wir waren inzwischen alles andere als entspannt. Alexa machte uns ziemlich nervös. Außerdem wurde es bald merklich still am Esstisch. Unsere Kinder hatten wir auf die explizite Bitte unserer Freunde zu Hause gelassen. Doch, wo waren eigentlich ihre? »Die«, hüstelte unser Hausherr verschämt, »die verstehen sich nicht so gut mit Alexa.«
Alexa Als wir endlich wieder zu Hause waren, googelte ich das Thema sofort: Ich gab »Alexa«, »Kinder« und »Problem« ein und las eine Meldung aus Texas: Vor einigen Wochen hatte ein kleines Mädchen in einem unbewachten Augenblick via Alexa das größte Puppenhaus der Welt sowie zehn Pfund Schoko-Kekse im Internet bestellt.
Die Story kam damals in den USA natürlich ganz groß im Fernsehen. Der Nachrichtensprecher fand es urkomisch und machte das kleine Mädchen nach: »Alexa, besorg mir ein riesiges Puppenhaus und zehn Pfund Kekse!« Als dieser Satz über die TV-Lautsprecher ging, kann man sich vorstellen, was geschah: Überall dort, wo Alexa im Wohnzimmer angeschlossen war, reagierte sie prompt und orderte pfundweise Kekse und überdimensionierte Puppenhäuser aus dem Internet.
Zugegeben: Vielleicht würden sich ja meine Kinder über die neuen Geschenke freuen, und auch die Kekse würden ihre Abnehmer finden, aber mal ehrlich: Wenn ich immer darauf achten müsste, was ich so von mir gebe – nicht auszudenken! Da öffne ich die Tür lieber selbst.