Neulich im Auto wollte ich unsere Urlaubspläne diskutieren. Den Israel-Flug hätte ich jetzt endgültig gebucht, erzähle ich. Lautes Gejubel und Beifall vom Rücksitz: »Wir machen Alija! Endlich! Jippie!«, schreien die Kids.
Doch dem Freudentaumel folgt unmittelbar ebenso lautes Gemoser, als ich erkläre, dass wir danach wieder zurück nach Hause müssten. Arme Hascherl, ich verstehe ja ihr Problem. Die Hälfte der Freunde ist in den letzten Jahren nach Israel ausgewandert, die Schulflure liegen leer und öde da, bevölkert lediglich von den wenigen Verbliebenen.
WhatsApp Meine große Tochter hat eine Karte Israels an ihre Wand gepinnt, kleine rosa Stecknadeln – über das ganze Land verstreut – zeigen an, wo die Freundinnen jetzt wohnen. Fast jeden Abend ist sie mit ihnen auf Skype zugange. Außerdem erreichen uns täglich WhatsApp-Filmchen der glücklichen Olim, in denen man sie braun gebrannt und happy am Strand sieht, oder in der Klasse, umgeben von Dutzenden von Kindern, während unsere Schule am Existenzminimum vor sich hindümpelt.
Um uns von dieser Misere abzulenken, haben wir jetzt – wie gesagt – eine Israelreise geplant, bei der wir alle ausgewanderten Familien abfrühstücken wollen. Jeder hatte uns beim Abschied großzügig eine Bleibe in der luxuriösen neuen Wohnung für den nächsten Trip angeboten. Also hänge ich mich ans Telefon: Als Erstes versuche ich es bei meiner Freundin Schira und ihrem Edel-Bungalow in Raanana.
Wie sich jedoch herausstellt, hat sie Probleme mit der Abbezahlung ihres neuen Domizils und musste einige Untermieter aufnehmen: Wir könnten aber gerne im Schlafsack auf dem Korridor campieren. Auch bei Rivka habe ich kein Glück: Ihre beiden Tanten und die Oma können sich keine eigene Bleibe leisten und wohnen deshalb bei ihr ... in einem Bunker unter einer sehr hübschen Vorstadtvilla, wo sie das Bad mitnutzen darf. Meine Freundin Lisa wohnt aus Kostengründen in einem Kibbuz auf den Golanhöhen. Gerne könnten wir vorbeikommen und uns nebenbei bei der Avocado-Ernte nützlich machen, jede Hand werde gebraucht!
Alija-Fantasie Mein Mann und die Kinder sind total scharf auf Abenteuerurlaub mit Schlafsack und Avocado-Ernte bei 40 Grad im Schatten – ich dagegen benötige Ruhe, Frieden und gemäßigte Temperaturen. So geschieht es, dass ich in einem hübschen klimatisierten, zentral gelegenen Hotel unterkomme, während die Restfamilie sich auf diverse Korridore, Garagenböden und Bunker im Umland verteilt und in Alija-Fantasien schwelgt.
Es gibt nun mal die toughen Idealisten, die wie geschaffen sind für ein Leben, das Disziplin und Charakterstärke verlangt! Und dann die andere Fraktion, deren Vorsitzende ich bin. Aber auch wir verwöhnten Luxuspflanzen, die wir uns nicht gerne aus unserer Komfortzone bewegen, sind wichtig und unentbehrlich für Klal Israel! Warum? Fragen Sie mich ein andermal.