Finale

Der Rest der Welt

Jüdische Kolumnisten haben es – wie soll es auch anders sein – nicht leicht. Wir schreiben über Lachsbagel, unsere Mütter, unsere Neurosen. Manchmal vielleicht noch über Woody Allen, hier und da über die Komik jüdischer Feiertage oder über Maxim Biller. Biller soll ja der neue Maßstab jüdischer Nachkriegsliteratur sein – angeblich.

Ob die Latte nun unerreichbar hoch oder limbomäßig niedrig ist, das muss jeder jüdische Schreiberling für sich selbst entscheiden. Und wenn ich schon nicht über meine Mutter schreibe, denke ich, kann ich sie wenigstens mal anrufen. Zur Inspiration. Doch sie geht nicht dran – auch ein Zeichen.

Beatrix Von Storch Eigentlich könnte ich zurzeit – frei nach Max Liebermann – sowieso »gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte«. Von meiner Tageszeitung starrt mich der menschgewordene Albtraum Beatrix von Storch mit seinen weit aus den Höhlen hervorstehenden Augen an. Von Storch ist wie eine hässliche Mona Lisa: Ihr harter, nationalistischer Blick trifft einen aus jeder Perspektive. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Es ist der 1. April. Die Welt veräppelt sich. Scherze, kleine Tricksereien, das Verdrehen der Wahrheit. Wäre natürlich super, wenn jeder Tag der 1. April wäre. April, April: Die Petry meint das gar nicht so böse. April, April: Das waren gar keine Messer in Israel. April, April: Assad möchte nur kuscheln. April, April: Der macht, das wissen wir alle, am Ende doch nur, was er will. Meine Freundin bekommt irgendwann in den letzten Aprilwochen ihr erstes Kind. Wir hoffen beide, dass es nicht der 20., Hitlers Geburtstag, wird und müssen beim Gedanken daran jedes Mal lachen. Es wäre auch wirklich komisch.

Frühling Wir leben in unsicheren Zeiten. Daran kann auch der Krokus in meinem Berliner Innenhof nichts ändern. Pathos und Frühling liegen in der Luft.

Daran können auch Storch und der IS nichts ändern. Worüber schreibt man dann also als jüdischer Kolumnist, wenn man nicht über Hühnersuppe philosophieren möchte, über Muttis Ratschläge jammern oder über Maxim Biller lästern will?

Man schreibt über die Realität, die einen gerade zum regelrechten Vielfraß macht. Aber: Man lacht. Denn das ist doch genau das, was wir – dieses Volk – schon immer gemacht haben, wenn es mal so richtig daneben lief: lachen, handeln, weitermachen.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025