Denke ich an Israels Beitrag zum Eurovision Song Contest 2016 in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht». So ähnlich würde es Heinrich Heine formulieren, würde er noch leben. Daher übernehme ich diesen Job.
Denn ich unterteile diese zum Plastik-Pop verkommene Ansammlung von halb nackten und halb talentierten Sängern in: alles vor 1990 und nach 1990. In etwa so, wie es viele mit der Bundesrepublik handhaben. Eigentlich könnte es mir egal sein, das ganze Brimborium.
Doch so ganz kann sich niemand vor dem Hype schützen, der jedes Jahr um diesen Gesangswettbewerb gemacht wird. Einst im Mai trug er den eleganten Namen «Grand Prix d’Eurovision de la Chanson». Jedoch mussten wir uns von diesem wohlklingenden Titel im gleichen Jahr wie von der geliebten D-Mark verabschieden. 2001 stand unter keinem guten Stern. So auch Israels aktueller Beitrag nicht.
Milch-und-Honig Denn dieser kommt in meinen Augen genauso schlecht weg wie beinahe alles, was das Milch-und-Honig-Land in den letzten 15 Jahren zum Singen nach Europa sandte – Dana International ausgenommen. Aber wer darf schon öffentlich eine jüdische Transsexuelle kritisieren?
Vor genau einer Woche wurde es bekannt gegeben – das Lied, mit dem unser Heiliges Land vertreten wird. Und wo wir schon bei unguten Sternen sind: Es heißt «Made of Stars», wird von Hovi Star gesungen und in der TV-Show Hakochav Haba – der nächste Stern – nominiert. Ganz ausgefuchst, das Marketing-Team. Nach kurzem Reinhören kann ich jedoch sagen: Nein, danke, lo toda, merci, non.
Nachdem bereits letztes Jahr Nadav Guedj mit schlechter Aussprache und Proleten-Beats über die Bühne rannte, reiht sich Hovi Star meiner Meinung nach in die Riege schlechter musikalischer Entscheidungen ein. Israel klingt auf dem Eurovision Song Contest so, wie der neue Tel Aviver Hafen Samstagnacht um halb zwei aussieht: irgendwie billig, irgendwie laut, irgendwie nicht Israel.
Dafür aber: kein einziges Wort Hebräisch, orientalischer Europop, der in Bat Jam aus jedem zweiten tiefergelegten Mercedes dröhnt, und ganz, ganz viel synthetische Stimme.
Schuk Ha Carmel Jetzt mal ganz im Ernst, wo werden diese Teilnehmer gecastet? In einem ernst zu nehmenden Vorentscheid oder vielleicht doch auf dem Schuk HaCarmel? Israel gewann dreimal mit fantastischen, mitreißenden Liedern. Lieder, die die Seele dieses Landes in die Welt hinaustrugen.
Und jetzt? Verrückte Namen wie PingPong und Teapacks, knatschende Heulsusen wie Boaz Mauda und Shiri Maimon oder die kläglichen Versuche, einen moppeligen israelischen Justin Bieber zu erschaffen.
Bitte, bitte, hör damit auf, Israel! Weniger ist mehr. So wie mit der scharfen Soße auf dem Schawarma. Ich erinnere mich an die bezaubernden Stimmen von Ilanit, Izhar Cohen und Liora. Summe leise «Abanibi» vor mich hin und werde nostalgisch. Während ich diese Worte schreibe, läuft im Hintergrund Gali Atari und Milk & Honeys «Hallelujah». Doch das war gestern.