Finale

Der Rest der Welt

Schalömchen, Meschugge, Masel Tov: Auch die European Maccabi Games kommen nicht ohne die nötige Prise Humor aus, die man von uns Juden erwartet. Große Werbeplakate mit pinkfarbener Schrift und genannten Schlagworten zieren seit vergangener Woche die Berliner Innenstadt und bilden eine für mich willkommene Abwechslung, während ich mit meinem Auto durch den allmorgendlichen Berufsverkehr schleiche.

Ich könnte natürlich auch mit einem dieser Rennräder ins Büro fahren, mit denen gerade ambitionierte Großstädter elegant-sportiv über die Torstraße jagen. Doch möchte ich tatsächlich schon morgens zehn Kilometer auf zwei Rädern zurücklegen? Meine Mutter hat mir davon abgeraten, besonders vor dem Essen sei dies keine gute Idee.

Wortwitz An der nächsten Ampel halte ich genau vor einem dieser Plakate und lese: »Bei Gold werden alle meschugge«. Automatisch formen sich meine Mundwinkel zu einem Lächeln. Als Erstes amüsiere ich mich darüber, dass dieser Wortwitz auch als zynischer Hinweis auf das Klischee verstanden werden könnte, wir Juden hätten ein sehr inniges Verhältnis zu Reichtümern.

Ich sehe einen hüpfenden Rabbi Jacob vor meinem inneren Auge, gefolgt von dem großen Tanzfinale in Anatevka. Können Juden nur Sport, wenn sie versprechen, dass es trotzdem lustig wird? So sehr ich mich auch anstrenge, mir fallen nur wenige Namen berühmter jüdischer Sportler ein. Mark Spitz, Weltrekord-Schwimmer, und Omri Casspi, israelischer Spieler in der US-amerikanischen Basketballliga NBA.

Im Marketing nennt man den nicht bis kaum vorhandenen Bezug zu Alltagsprodukten »low involvement« – man akzeptiert, dass sie da sind, beschäftigt sich jedoch nicht weiter mit ihnen. So ähnlich geht es mir mit Sport. In einer Stadt wie Berlin macht man sich damit natürlich zum Außenseiter.

Tiergarten Hier joggen Männlein und Weiblein so schnell durch den Tiergarten, dass man meinen könnte, Noah hätte den letzten Aufruf für seine Arche gestartet. Nach jedem Seder gehört der Kommentar meines Großvaters, dass das jüdische Volk nicht 40 Jahre und 40 Nächte Richtung Kanaan gewandert, sondern lediglich auf einem Verdauungsspaziergang gewesen sei, zur etablierten Familientradition. Ein Running Gag im wahrsten Sinne des Wortes. Ist körperliche Ertüchtigung in unseren Genen doch tiefer verankert, als mir bewusst ist?

Kurz bevor ich an meinem Büro ankomme, sehe ich ein weiteres Plakat, auf dem es heißt: »Die ganze Mischpoke ist am Start«. Ich bin mir nicht sicher, ob wir alle wirklich Sport können. Wenn ich jedoch eines weiß, dann ist es, dass wir zur Weltspitze in Sachen »Gemeinsam« gehören. Seit Beginn der Sommerferien sind morgens zumindest auch die Straßen leerer. Und wer weiß, vielleicht bin ich dann bald die schnellste Ische Europas?

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025