Design

Der Noten-Macher

Kunst kann wohl selten mehr Menschen erreichen als auf Banknoten. Der Designer Reinhold Gerstetter aus Leonberg bei Stuttgart hat dem neuen 20-Euro-Schein das Gesicht der Zeus-Geliebten Europa gegeben. Die Herausforderung dabei ist wie bei allen Banknoten: Bei der Herstellung gelten nicht nur die Gesetze der Ästhetik, sondern auch Sicherheitsvorschriften zur Abwehr von Fälschern.

»Die Europa war mein Vorschlag«, erzählt Gerstetter. Mit dem antiken Frauenkopf bekam der langjährige Chefgrafiker der Berliner Bundesdruckerei den Zuschlag zur Überarbeitung der Geldscheine. Als kleines Hologramm auf der einen Seite und als Wasserzeichen auf der anderen Seite ist das fiktive Göttinnen-Porträt abgebildet: Die Noten werden auch »Europa-Serie« genannt, sie startete 2013 mit dem Fünf-Euro-Schein.

EZB Doch die auffallendsten Merkmale bleiben die imaginären Brücken und Tore, durch die der Österreicher Robert Kalina beim ersten Wettbewerb der Europäischen Zentralbank (EZB) siegte. »Solche Gebäude merken sich Menschen kaum«, findet Gerstetter. Für fälschungssicherer hält er Geldnoten mit menschlichen Zügen, denn: »An Gesichtern nimmt man schon intuitiv die kleinsten Veränderungen wahr.«

Gerstetter hätte es »toll gefunden«, wenn auf den neuen Scheinen mehr Porträts enthalten gewesen wären. »Mit Figuren wie der Europa können sich alle Europäer identifizieren Das wäre auch bei anderen großen Persönlichkeiten, etwa Shakespeare oder Kierkegaard, möglich gewesen«, erklärt er.

Ganz zufrieden ist er mit den neuen Noten nicht. »Sie sind etwas grau und flach geraten. Mehr Farbigkeit hätte für mehr Freundlichkeit gesorgt.« Die Europäische Zentralbank (EZB) habe jedoch vorgegeben, dass die neue Euro-Serie in ihrem Erscheinungsbild an die erste Auflage anknüpft, um den Wiedererkennungswert zu garantieren.

Gerstetter, der 1945 in Leonberg geboren wurde und an der Stuttgarter Kunstakademie Grafikdesign studierte, war in der Werbung beschäftigt, bevor er über 20 Jahre lang als Chefdesigner der Bundesdruckerei arbeitete. In Berlin hat er sein Büro, und die Mission ist streng geheim. Polizeischutz und ein eigener Raum mit hohen Sicherheitsauflagen zeugen davon.

Europa Seit Ende 2015 gibt es den neuen 20-Euro-Schein. Diese Note hat ein Fenster, das durchsichtig wird, wenn man den Schein gegen das Licht hält, dann erscheint die Europa-Figur. Das Fenster ist ein neues Sicherheitsmerkmal, das der Präsident der EZB, Mario Draghi, als »echte Innovation« bezeichnete und Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Bundesbank, als »Meilenstein in der Banknoten-Technologie«. Das Fenster lasse sich schwer fälschen. Ein wichtiges Kriterium, besonders angesichts der großen Notenmengen, die in ganz Europa verteilt werden.

»20- und 50-Euro-Scheine sind jene mit den höchsten Auflagen«, sagt Gerstetter. Diese Geldnoten würden auch am häufigsten gefälscht. Das sei ein weiterer Grund, warum das neue Fenster eingearbeitet wurde. Der neue 50-Euro-Schein ist bislang nicht im Umlauf. Denn bei ihm muss noch der Knackpunkt gemeistert werden, dass er in allen Automaten der europäischen Länder funktioniert.

Außerdem muss die Lagerung in den unterschiedlichen Tresoren gewährleistet sein. »Das ist ein großer logistischer Aufwand«, erklärt Gerstetter. Er rechnet ab 2017 damit, dass mit dem 50-Euro-Schein gezahlt werden kann.

China Bekannt sind auch Gerstetters D-Mark-Scheine, die zwischen 1989 und 2002 im Umlauf waren. Sie zeigten noch Porträts. Daneben entwarf er ausländische Geldnoten, etwa für Bolivien und Peru. Und in China gestaltete der Grafiker Musternoten, »aber sie kamen nie heraus«.

Seine künstlerische Begabung hatte Gerstetter indirekt auch an die nächste Generation weitergegeben. Seine Tochter Avitall Gerstetter ist Deutschlands erste jüdische Kantorin.

Columbia University

»Eine große Gefahr für den Westen«

Der Hochschullehrer Ran Kivetz über anti-israelische Proteste, Morddrohungen gegen jüdische Dozenten und mögliche Folgen für die liberale Demokratie

von Detlef David Kauschke  05.01.2025

Kulturkolumne

Warum ich für meine Familie zwei WhatsApp-Gruppen brauche

Beide Gruppen nerven mich – und doch ist es gleichzeitig alles andere als selbstverständlich, mit allen in Echtzeit so kommunizieren zu können

von Laura Cazés  05.01.2025

Aufgegabelt

Heringssalat mit Roter Bete

Rezepte und Leckeres

 05.01.2025

2024

Hebräischer Vorname ist am beliebtesten bei deutschen Eltern

Gerade unter den beliebtesten Jungennamen sind einige biblischen Ursprungs

 03.01.2025 Aktualisiert

Filmbiografie

Erfolg in Blau - Miniserie über Levi Strauss

Die Jeans von Levi’s sind weltbekannt – doch wer kennt die Geschichte ihrer jüdischen Erfinder? Ein ARD-Mehrteiler erzählt von Levi Strauss und Jacob Davis

von Kathrin Zeilmann  03.01.2025

Debatte

Musk-Beitrag in der »Welt«: Idee kam von Springer-Aufsichtsrat

Die Hintergründe

 03.01.2025

Familie

»Ich vertraue deinem Gewissen«

Die 18-jährige Tochter des israelischen Schriftstellers Eshkol Nevo wird zum Wehrdienst eingezogen – auf eigenen Wunsch in eine Kampfeinheit. Der Vater schreibt ihr einen Brief

von Eshkol Nevo  03.01.2025

Gaza

Von der Welt vergessen

Seit 455 Tagen befindet sich das israelische Kleinkind Kfir Bibas mit rund 100 anderen Geiseln in der Gewalt der Hamas. Wo bleibt der Aufschrei?

von Georg M. Hafner  03.01.2025

Imanuels Interpreten (3)

Allee Willis: Die bekannteste Unbekannte

Sie ist die Unbekannte hinter Songs, von denen einige die Welt im wahrsten Sinne des Wortes bewegt haben. Ihr Motto: »Der Text darf nie mit dem Groove kollidieren.«

von Imanuel Marcus  03.01.2025