Noah Gordon

»Der Medicus« und andere Welterfolge

Bestseller-Autor Noah Gordon Foto: imago/Marius Schwarz

Nur wenige Schriftsteller machen sich die Mühe, intensiv in die Materie einzutauchen, über die sie schreiben wollen. »Medicus«-Autor Noah Gordon ist so eine Ausnahme. Vor 95 Jahren, am 11. November 1926, wurde er in Worcester/Massachusetts geboren.

Eigentlich sollte Gordon Medizin studieren und Arzt werden, so wollten es seine Eltern; denn damit wäre er finanziell abgesichert gewesen. Gordon folgte zunächst ihrem Wunsch. Das kostete ihn wenig Überwindung, sein ausgeprägtes Interesse an Naturwissenschaften hält bis heute an. Größer allerdings war seine Liebe zur Literatur und zum Journalismus.

wissenschaftsjournalist Gordon verband seine Interessen auf produktive Weise miteinander: Nach einem Journalistikstudium arbeitete er als Lektoratsassistent in mehreren New Yorker Verlagen. Vor allem aber schrieb er als Wissenschaftsjournalist für den »Boston Herald«. Zu seinen Aufgaben gehörten dabei auch Berichte über die großen Krankenhäuser und Forschungslabors in Boston.

Um seine im Krankenhaus-Milieu angesiedelten Romane möglichst authentisch schreiben zu können, ließ er sich sogar zum chirurgischen Techniker ausbilden. Später kam noch eine Ausbildung als Notfallassistent hinzu. Inzwischen war er mit seiner Familie aufs Land gezogen und arbeitete für den chirurgischen Notdienst. Dadurch kam er in Berührung mit Notfällen auf den umliegenden Farmen – eine wertvolle Quelle für seine historischen Romane.

Romane zu schreiben, war der Traum des Journalisten Gordon – aber er tat sich schwer damit. Er leide am Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS), sagte er einmal in einem »Stern«-Interview. Für ihn sei es eine gewaltige Anstrengung, sich über einen langen Zeitraum auf ein Thema zu konzentrieren. Durchschnittlich vier Jahre arbeitete Gordon an einem Roman, allein für die Recherche benötigte er ein ganzes Jahr.

durchhaltevermögen Und doch gehört Durchhaltevermögen offensichtlich zu seinen Stärken: Gleich sein erster Roman »Der Rabbi« schaffte es in die Bestsellerlisten. Die nächsten drei floppten – Gordon machte trotzdem weiter. »Der Rabbi« erschien 1967 in Deutschland. Darin thematisiert er die Liebe, aber auch die Konflikte, denen die Ehe eines Rabbiners mit einer Christin ausgesetzt sind. Gordon ist selbst Jude – und seine Religion einer der roten Fäden, die sich durch seine Romane ziehen.

Das gilt auch für die »Medicus«-Trilogie, mit der er in Deutschland bekannt wurde. 1987 erschien der erste Band »Der Medicus« in deutscher Übersetzung. Rob Cole, Stammvater einer Ärztedynastie und mit besonderem Einfühlungsvermögen begabt, reist darin im 11. Jahrhundert bis nach Persien, um dort die Geheimnisse der Heilkunst zu erlernen.

Die Mischung aus Spannung, farbigem, historischem Hintergrund und Faktenwissen erreichte in Deutschland ein Millionenpublikum. »Wahrscheinlich hat kein anderes Werk das Bild der Deutschen vom hohen Mittelalter so nachhaltig geprägt wie dieses«, schrieb etwa »Die Welt«. In Spanien ist Gordon geradezu ein Kultautor. Zwei weitere Romane, »Der Medicus von Saragossa« und »Der Katalane«, sind hier angesiedelt.

erfolg Der Erfolg in Europa wirkte auf den amerikanischen Buchmarkt zurück, trotzdem war »Der Medicus« in den USA weit weniger erfolgreich. Die beiden Folgeromane »Der Schamane« (1992) und »Die Erben des Medicus« (1995) fallen gegenüber dem ersten Band ab, wurden in Deutschland aber trotzdem in großer Zahl gekauft. Schließlich wollten die Leser wissen, wie es mit den Coles weiterging.

2013 kam die Verfilmung in die Kinos, auch sie wurde zum Welterfolg. Fans und Autor hatten lange darauf gewartet, aber anfangs haderte Gordon mit der stark gekürzten und veränderten Drehbuchfassung. Inzwischen gibt es den »Medicus« auch als Musical.

Heute lebt Gordon in einer Seniorenresidenz, wo er sich um die von ihm und seiner Frau gestiftete Bibliothek kümmert. Mit 92 sprach er sich dafür aus, dass alte Menschen den Zeitpunkt ihres Todes selbst wählen dürfen: »Ich bin überzeugt, dass alle Arten medizinischer Entscheidungen persönlich getroffen werden müssen, nicht aus Gründen, die die Gesellschaft oder Religion mit sich bringen.«

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