Es reicht!», «Das muss aufhören!», «Tun Sie endlich das Richtige!»: Als Ronald Lauder Anfang des Jahres in Berlin mit scharfen Worten die mangelhafte Rückgabepraxis von NS-Raubkunst aus jüdischem Besitz kritisierte, hätte das Echo kaum größer sein können. Museen, Sammler und Galerien versprachen dem Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, künftig ihren Bestand gewissenhafter und systematischer auf gestohlene Kunstwerke hin zu überprüfen.
Doch wie sieht es bei der Restitution von Alltagsgegenständen aus? Von geraubten Dingen jenseits der millionenschweren Kunstwelt? Von Gegenständen, deren Wert anders als Max Liebermanns Zwei Reiter am Strand nicht auf rund 2,6 Millionen Euro geschätzt werden, aber ursprünglich ebenfalls in jüdischem Besitz waren, bevor sie während der NS-Zeit geraubt wurden?
Fiskus Genau diese Fragen rund um die Ausplünderung von Juden im Nationalsozialismus beleuchten nun in einem großen Ausstellungsprojekt vier Frankfurter Museen. An dem Projekt «Gekauft. Gesammelt. Geraubt? Vom Weg der Dinge ins Museum» beteiligen sich das Historische Museum, das Jüdische Museum, das Museum Angewandte Kunst sowie das Weltkulturen-Museum. Die Kooperation begleitet die Wanderausstellung Legalisierter Raub des Fritz-Bauer-Instituts, die die Beteiligung der Behörden und die Bereicherung des Fiskus an der Ausplünderung von Juden thematisiert.
Im Historischen Museum ist seit dem 17. Mai die Ausstellung Geerbt. Gekauft. Geraubt? Alltagsdinge und ihre NS-Vergangenheit zu sehen. Die Schau beschäftigt sich mit den Spuren des «legalisierten Raubs» in der Museumssammlung und in privaten Haushalten. Teil der Ausstellung sind Objekte aus früheren jüdischen Haushalten wie etwa Silberbesteck, Porzellantassen, Holzstühle und Sessel sowie Fotos.
Die Kuratorin des Projekts, Angela Jannelli, äußerte die Hoffnung, dass Besucher überlegen, ob sie selbst Alltagsgegenstände aus ehemals jüdischem Besitz haben könnten. «Der legalisierte Raub fand in allen gesellschaftlichen Bereichen statt», sagte sie. «Nicht allein in Galerien, in denen die teuersten Kunstwerke hingen.»
Handel Das Jüdische Museum gibt den Angaben zufolge parallel den bisherigen Stand der im Haus betriebenen Provenienzforschung wieder. Die Präsentation konzentriere sich auf einige Zeremonialobjekte, die über den Kunsthandel, aus Privatbesitz oder aus Sammlungen anderer Museen in das Museum gelangt seien, erklärte Direktorin Mirjam Wenzel.
Die Ausstellungen im Museum Angewandte Kunst und im Weltkulturen-Museum werden später, am 6. Juni und 16. August, eröffnet. Die Schau im Museum Angewandte Kunst widmet sich der Geschichte der Silbersammlung des jüdischen Sammlers Joseph Pinkus. Im Weltkulturen-Museum sind Fallbeispiele aus kolonialem und nationalsozialistischem Kontext zu sehen. ja
Die erste Ausstellung des vierteiligen Projekts in Frankfurt ist ab dieser Woche im Historischen Museum zu sehen.