Der kleine Muhi aus Gaza lebt in einem israelischen Krankenhaus. Dem schwer kranken palästinensischen Jungen mussten die Gliedmaßen amputiert werden, nur sein Großvater ist bei ihm. Und dennoch hat Muhi sich eingerichtet. Er lebt sein Leben mit großer Freude, auch wenn dieses immer wieder von Rückschlägen unterbrochen wird.
Dass die Zuschauer in Deutschland an Muhis Schicksal Anteil haben können, ist nicht selbstverständlich. Denn lange Zeit wollte kein Verleih den Film Muhi in die Kinos bringen. Der ausgewogene Blick der Dokumentation galt nicht als profitabel genug. In der Tat verzichtet die Langzeitstudie von Rina Castelnuovo-Hollander und Tamir Elterman auf skandalisierendes Anklagen.
Prothesen Über mehrere Jahre trafen die Filmemacher den Jungen immer wieder. So ist seine kleine Krankenhauswelt zu sehen, in die er kurz nach seiner Geburt kam, um zu überleben. Er spielt mit anderen Kindern, gewöhnt sich an seine Prothesen, feiert Geburtstag und freut sich schließlich als Siebenjähriger auf die Schule.
Dass er von Israel gerettet wird, gefällt nicht jedem in seiner Familie. Der Großvater – er ist als grundsympathischer Enkelbegleiter ebenso bewegend wie mitreißend – stößt bei seinen Reisen von Israel nach Gaza auf viel Widerstand. Teile der Familie haben Muhi schon abgeschrieben oder vergessen. Aber der Großvater hält Muhi die Treue und sagt einmal mit einer Mischung aus Zorn und Pragmatismus: »Both sides are shit!«
Einige Schwierigkeiten hatte auch die Neue Celluloid Fabrik aus Leipzig, die den Film mitproduzierte.
»Wir haben lange nach einem Sender und einem Verleiher gesucht, erstaunlicherweise beides erfolglos«, sagt Geschäftsführer Jürgen Kleinig der Jüdischen Allgemeinen. »Unser Ziel war es, dass der Film trotzdem gesehen wird.« Also gründete er kurzerhand einen eigenen Verleih; dank Filmförderung, Crowdfunding und eigenem Risiko kommt die Doku nun in die Kinos.
Konflikte Umso schöner, dass dieser leise und unaufgeregte Film die Zuschauer erreichen kann. Muhi ist keine offensichtlich verkaufsfördernde Parteinahme. Er enthält keine Anklage, wie es oft schick ist in angeblich auf Versöhnung zielenden Israel-Dokus. Es brechen Identitätskonflikte auf, wenn Muhi mit der Israelflagge winkt und fragt, ob er Jude sei.
Eine komplexe Welt wird in der berührenden Dokumentation ohne jede Vereinfachung auf eine Einzelsituation heruntergebrochen. Und allein die Begegnung mit dem unglaublichen Lebenswillen eines kleinen Jungen und seinem großherzigen Opa ist ein Gewinn.
Ab dem 14. Juni im Kino