Nachruf

Der Erfinder des Brillantenarms

Jakow Kostjukowski (1921–2011) Foto: JA

Die jüdische Gemeinde Moskaus trauert um Jakow Kostjukowski, den Drehbuchautor vieler sowjetischen Kult-Komödien. Jakow Aronowitsch Kostjukowski starb vergangene Woche im Alter von 90 Jahren im Moskauer Botkinski-Krankenhaus an den Folgen eines Herzinfarkts. Der Drehbuchautor wurde durch Kinoklassiker bekannt, die bis heute in Russland und den GUS-Staaten beliebt sind. Zu den wichtigsten gehören Operation ›Y‹ und andere Abenteuer Schuriks (Operazija ›Y‹ i drugije prikljutschenija Schurika, 1965), Entführung im Kaukasus (Kawkaskaja plenniza, ili nowyje prikljutschenija Schurika, 1966) und Der Brillantenarm (Brilantowaja ruka, 1968).

Kostjukowski kam 1921 in Solotonoscha in der Ukraine zur Welt. Sein Philologiestudium in Moskau konnte er wegen des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion nicht abschließen. Stattdessen berichtete er ab September 1941 für die Tageszeitung Komsomolskaja Prawda von der Front. Später tauschte er den Füllfederhalter gegen die Waffe ein und nahm an der Schlacht um Moskau teil. Von der Sowjetführung erhielt er dafür den Orden »Für die Verteidigung Moskaus«.

Satire Nach dem Krieg leitete Kostjukowski das Kulturressort der Tageszeitung Moskowski komsomoljez. Er schrieb und veröffentlichte außerdem satirische Gedichte, Theaterstücke, Zirkusnummern für seinen Freund, den wohl bekanntesten russischen Clown Juri Nikulin, und natürlich zahlreiche Drehbücher.

Die bekanntesten Filme, zu denen Kostjukowski gemeinsam mit Co-Autor Moris Slobodskoj und Regisseur Leonid Gajdaj die Drehbücher schrieb, Der Brillantenarm und Gefangen im Kaukasus, wurden beide von den sowjetischen Kunstbehörden kritisiert und zensiert. Das Kinopublikum hingegen liebte die Filme. Unmittelbar nach dem Kinostart des Brillantenarms befragte die Tageszeitung Komsomolskaja prawda 88,4 Prozent ihrer Abonnenten. 60,3 Prozent gaben an, der Film habe ihnen gefallen. Nur 4,4 Prozent mochten die Komödie nicht.

Nonkonformist Bis zu seinem Tod nahm Kostjukowski aktiv am religiösen und kulturellen Leben der jüdischen Gemeinde in Moskau teil. Oberrabbiner Berl Lasar von der Föderation der Jüdischen Gemeinden Russlands (FEOR) nennt ihn in seinem Nachruf einen »stolzen Juden«, der nach den jüdischen Bräuchen gelebt habe. Mit seinem Auftreten und seinem künstlerischen Werk habe Kostjukowski vielen Menschen in der Sowjetunion vermittelt, was innere Freiheit ist. »Ich denke, dass der Nonkonformismus der ›60er-Generation‹, deren herausragender Vertreter Jakow Aronowitsch war, den tiefgreifenden Veränderungen in unserer Gesellschaft vorgriff, die schließlich zum Fall des totalitären Regimes führten.«

Der Präsident des Russischen Jüdischen Kongresses (REK), Juri Kanner, trauert um einen großen, warmherzigen Menschen und persönlichen Freund. »Allen, die Jakow Aronowitsch kannten, wird er unendlich fehlen.«

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

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Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

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Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

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NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

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Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

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Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

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Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

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