Für Vered Waldmann war die Nachricht ein Schock. »Als mir der Arzt vor zwei Jahren sagte, dass ich Brustkrebs habe, dachte ich: Das war es. Jetzt ist dein Leben zu Ende«, erinnert sich die 67-jährige Rentnerin aus Ramat Gan. Doch die Zeiten, als eine solche Diagnose einem Todesurteil gleichkam, scheinen allmählich vorbei. Zum einen machte die Medizin in jüngster Zeit enorme Fortschritte, zum anderen hat sich in Israel der Anteil der Frauen, die regelmäßig zur Vorsorge gehen, seitdem deutlich erhöht.
Denn in den frühen 90er-Jahren wurde das Nationale Mammographie-Screening-Programm aufgelegt. Und dieses zeitigt nun Erfolge. Laut einer Statistik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben sich allein in den beiden Jahren 2013 und 2014 70,5 Prozent aller israelischen Frauen im Alter zwischen 50 und 69 untersuchen lassen. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert aller 34 OECD-Mitgliedsländer lag im selben Zeitraum bei gerade einmal 58,9 Prozent. Nur Finnland und Slowenien weisen bessere Zahlen auf.
»Auch bei mir wurde der Krebs in einem frühen Stadium diagnostiziert, weshalb die Aussichten auf Heilung recht gut ausfielen. Und so war es denn auch«, sagt Vered Waldmann. Die Israel Cancer Association (ICA) bestätigt diese Beobachtungen. »Rund 90 Prozent aller Patientinnen gelten nach einer Therapie als geheilt – vorausgesetzt natürlich, die Tumore wurden frühzeitig entdeckt«, so ICA-Generaldirektorin Miri Ziv. »Die Mortalitätsrate bei Brustkrebs ist aufgrund der verbesserten Vorsorge bereits in den Jahren bis 2010 um rund 30 Prozent gesunken.«
Kryoablation Und Frauen wie Vered Waldmann können auf weitere innovative Ansätze in der Medizin hoffen, die ihre Überlebens- und Heilungschancen weiter verbessern werden und weniger belastend sind. So hat die israelische Meditech-Firma IceCure ein Verfahren entwickelt, das den Krebszellen mit Kälte an den Kragen geht. Kryoablation nennt sich das Prinzip dahinter. »Die Behandlung dauert lediglich zwischen 20 und 40 Minuten und erfordert keinerlei chirurgischen Eingriff«, erklärt Eyal Shamir, Chef des 2006 in Caesarea gegründeten Unternehmens.
Bei dem Verfahren wird flüssiger Stickstoff über eine sehr dünne Hohlnadel in den Tumor injiziert, wodurch dieser eine Art Kälteschock erleidet. All das macht die von IceCure konzipierte »IceSense3«-Technologie möglich. Die karzinösen Zellen gefrieren, weshalb ihre Wände sofort platzen. Anschließend werden sie vom umliegenden gesunden Gewebe quasi entsorgt. »Vergleichbar sind diese Prozesse mit einer Flasche Bier, die man in eine Gefriertruhe gelegt hat, wo sie nach einer gewissen Zeit einfach zerspringt«, so Shamir. »So auch der Tumor – schließlich wird er mit Temperaturen von bis zu minus 170 Grad konfrontiert.«
Ultraschall Das Verfahren ist sehr genau und eignet sich vor allem für die Behandlung von klar abgegrenzten Karzinomen. Via Ultraschall oder Magnetresonanztomografie können die Ärzte anschließend kontrollieren, ob man auch wirklich alle bösartigen Zellen erwischt hat.
»Für Mammakarzinome mit einem Durchmesser von bis zu fünf Zentimetern ist das Verfahren von IceCure eine wunderbare Alternative zur konventionellen Operation oder Bestrahlung«, sagt Rafi Klein, Leiter der Abteilung für Brustkrebs am Rambam Medical Center in Haifa. »Denn größere Nebenwirkungen konnten so gut wie keine festgestellt werden.« In der Hafenstadt soll die Technik von IceCure nun in den nächsten Monaten im privaten Elisha-Hospital unter seiner Ägide verstärkt zum Einsatz kommen, und zwar schrittweise: erst einmal bei der Behandlung von sogenannten Fibroadenomen, also gutartigen Geschwüren in der Brustdrüse, dann kommen Nierenkrebspatienten an die Reihe und schließlich Frauen mit Brustkrebs.
Die »IceSense3«-Technologie wurde bereits recht erfolgreich in 20 Kliniken in Japan, Hongkong und Europa getestet. »Jetzt also auch in Israel«, freut sich IceCure-Chef Shamir. »Vor Kurzem erst haben unsere Studien belegt, dass eine Therapie mit unserer Methode bei Patientinnen mit Mammakarzinomen nicht nur sehr erfolgreich war, sondern auch die Rückfallrate bemerkenswert gering ausfiel.«
Alltag So wurde in einer Gruppe von 146 Testpersonen, die sich der Kryoablation unterzogen hatten, bei nur einer einzigen Frau nach einem längeren Zeitraum erneut ein Brustkrebstumor entdeckt. Und weil im Unterschied zu konventionellen Behandlungsansätzen bei der Kälteschockmethode keinerlei chirurgischer Eingriff und lediglich eine örtliche Betäubung nötig sind, konnten 76 Prozent der behandelten Frauen bereits nach nur 48 Stunden wieder zum Alltag übergehen.
»Die Patientinnen spüren allenfalls einen Pieks, und die Nachbehandlung ähnelt der nach der Entfernung einer Zyste.« Zudem hätten sich 95 Prozent von ihnen sowie die Ärzte sehr positiv darüber geäußert, dass die »IceSense3«-Technologie keinerlei Spuren hinterlässt. Auch für ältere Patientinnen, die sich vor den Folgen einer Operation unter Narkose und eines längeren Krankenhausaufenthaltes fürchten, scheint die Kryoablation der Königsweg zu sein, um wieder krebsfrei zu werden.
»Die ›IceSense3‹-Technik bedeutet in jeder Hinsicht eine Verbesserung für die Patientinnen«, lautet ebenfalls das Fazit von Shlomo Israelit, Direktor des Elisha-Hospitals. »Vor allem auch deshalb, weil keine aufwendigen kosmetischen Nachbehandlungen notwendig sind.«