Legenden wie Hans Rosenthal sind schwer zu toppen. Aber das wollte Kai Pflaume auch nicht. Er hielt sich bei seiner Neuauflage von »Dalli Dalli« an alt Bewährtes – ein flottes Rate-Team, eine Jury mit Augenzwinkern (Mister Tagesschau Jan Hofer und NDR-Reporterin Verena Püschel), einen gut aufgelegten Moderator, ein gutes Konzept – und es war okay. Nicht spitze, dazu braucht es noch etwas mehr.
Aber es war eine solide Sendung mit vielen Retro-Momenten, man wollte sich den Erfolg eben sichern. So begrüßte auch nicht der Moderator das Publikum, sondern Hans Rosenthals Sohn Gert, der nach dem Tod seines Vaters 1986 dessen ins Leben gerufene Stiftung weiterführte, bescheiden, ohne großes Brimborium, im Hintergrund, aber stetig.
ohne Schmus Und das ist auch das große Plus der ersten Sendung gewesen. Ganz im Sinne des Rate-Altmeisters: schnell, zügig, ohne viel Schmus. Die Kandidaten (leider nur vier statt acht wegen der verkürzten Sendezeit von 90 auf 60 Minuten), waren gut drauf die »Männer« Uwe Ochsenknecht und Heiner Lauterbach, die sich jugendlich gaben und ihre Rollen gern noch etwas nachlebten, gegen die Mannschaft »Mattscheibe« mit Jenny Jürgens und Peter Hahne.
Am Konzept der Sendung war nicht gerüttelt worden: Frage- und Wissensrunden, Geschicklichkeitsübungen, Dalli Klick, die Tonleiter und der legendäre Spitze-Sprung des Moderators, um den es im Vorfeld viel Geheimniskrämerei gab. Doch Kai Pflaume ging wie einstmals Rosenthal immer dann in die Luft, wenn das Saalpublikum besonderen Spaß an der Aktion der Kandidaten hatte, und das hatte es.
Rateflott und pfiffig zeigte sich Heiner Lauterbach, als er die zu vollendenden Reimzeilen jeweils nur mit einem Wort ergänzte und bekam dafür einen SpitzePunkt. Denn darauf kam es auch Rosenthal an: Einfallsreichtum. Die Aktionsspiele lockten endgültig aus der Reserve: So scheiterte Heiner Lauterbach kläglich, als er einen Tischtennisball, der auf dem Luftstrom eines Föhns tanzte, ansaugen und per Mund an den Partner Ochsenknecht weitergeben sollte, der diesen wieder zurück auf den Luftstrom setzte. Urkomisch und dennoch nie peinlich. Der lachende Pflaume hatte Mühe, weitermoderieren zu können.
Trapez Auch die Erkenntnis: Wer lange führt, muss nicht gewinnen. Der Showdown kam mit der Übung am Trapez: Während der eine Kandidat Wissensfragen beantworten musste, hing der andere am Trapez, doch der Antwortende hatte nur so lange Zeit, wie sein Partner es in der Hanglage aushielt. Ausgezeichnete 53 Sekunden schaffte es Jenny Jürgens, Lauterbach dagegen nur 49, der sich vor lauter Lachen nicht mehr halten konnte, weil Ochsenknecht ebefalls eine witzige Nullnummer ablieferte – ebenfalls spitzewürdig. Und Fettgebackenes in Öl war bei Ochsenknecht die »Fettschmelze« und das Aus für Lauterbach. Aber ein neuer Gag war geboren.
An den Rätselaufgaben und Aktionsspielen könnte noch etwas gefeilt werden. Doch es ist zu sehen, dass in bester Rosenthal-Manier Schnelligkeit und Einfallsreichtum vor Promistatus stehen. Und das ist schön. Mit Sicherheit werden auch die nächsten Ausgaben weniger retro sein als diese erste Sendung, wo der Rückgriff auf Hans Rosenthal ein wenig zu oft bemüht wurde. Wohltuend war und ist auch heute jegliches Fehlen von Glitter und Glamour.
Ob das Publikum von heute das allerdings noch so goutiert? Neben »Germany’s Next Topmodel«, »Deutschland sucht den Superstar« und »Die perfekte Minute« ist »Dalli Dalli« eben Familienunterhaltung. Sitzen denn heute Vater, Mutter, Sohn und Tochter noch versammelt vor dem Fernseher und wollen ihr Allgemeinwissen testen?
Möglicherweise zur Überbrückung zwischen Samstagskrimi und aktuellem Sportstudio. Aber warum soll es nicht auch gute, lockere und spaßige Unterhaltung für die 40- bis 65-Jährigen geben? Ein besserer Sendeplatz, an dem vielleicht auch Oma mitguckt, wäre »Dalli Dalli« schon zu gönnen. Also ab ins Erste und das dalli, dalli.