Wuligers Woche

Das wäre die Messe gewesen

Wegen der Ausbreitung des Coronavirus abgesagt: die diesjährige Leipziger Buchmesse Foto: imago/STAR-MEDIA

Maxim Biller hat einmal erzählt, er gehe schon seit über 25 Jahren nicht mehr zu Buchmessen, weil ihm der Zirkus der sich zur Schau stellenden Schriftsteller zuwider sei.

Ob ihn der Zirkus als solcher nervt, oder bloß, dass sich dort so viele Autoren präsentieren und Biller deshalb die Manege nicht für sich allein hat, führte er nicht näher aus.

Ich jedenfalls besuche Buchmessen gern. Nicht, um mir die Neuerscheinungen der bekannten Verlage anzusehen; das kann ich auch im gut sortierten Buchhandel um die Ecke. Aber nur die Messe bietet die Möglichkeit, unbekanntere Seiten des literarischen Lebens zu entdecken, wie etwa Margaux Navara.

»Erotik – explizit, romantisch, immer heiß«, lockt der Messekatalog: »Margaux schreibt so, dass es dem Leser warm wird. Exklusiv gibt es ein (abwaschbares) Tattoo direkt auf die Haut.« Das muss jetzt bis zur nächsten Messe warten. Leipzig fällt wegen Corona diesmal aus.

Fraktur Deshalb entgeht mir auch der Stand des »Bundes für deutsche Schrift und Sprache e.V.«, der für die Erhaltung der Fraktur- und Sütterlinschrift kämpft. Nein, mit Nostalgie nach dem Dritten Reich hat der Verein nichts am Hut – im Gegenteil, wurde er doch 1941 verboten, weil er sich für die Schwabacher Lettern eingesetzt hatte, die von den Nazis als jüdisch gebrandmarkt wurden.

Gerne hätte ich vom Texter des Amrun-Verlags aus Traunstein gewusst, was mit diesem Satz auf der Verlagswebsite wohl gemeint sein könnte: »Wir bereiten Dir durch unseren AutorInnen mit mutigen Themen aus Phantastik und Romance kurzweilige Lesestunden sowie aufregende Abenteuer!«

Und beim Heinrichshofen’s Verlag Wilhelmshaven hätte ich gefragt, seit wann der laut Eigenbeschreibung »Traditionsverlag mit einer über 200-jährigen Geschichte« den Deppenapostroph im Namen trägt.

Der Wiesengrund-Verlag bringt nicht Adornos gesammelte Werke heraus, sondern Kinderbücher.

Wie lebensgefährlich es in der thüringischen Provinz zugeht, ist mir erst klar, seit ich gesehen habe, dass im Verlag Kirchschlager in Arnstadt bereits Band III der Reihe Mordfälle im Bezirk Gera erschienen ist.

Enttäuscht hätte mich wahrscheinlich der brandenburgische Wiesengrund-Verlag: Der bringt nicht Adornos gesammelte Werke heraus, sondern Kinderbücher.

herbst Ein Rezensionsexemplar von der Edition Wannenbuch aus Chemnitz habe ich leider auch nicht schnorren können. Die verlegt »wasserfeste Bücher von Krimi bis Liebesroman, gelesen in 15 Minuten«.

Vielleicht klappt es ja im Herbst in Frankfurt. Dort werde ich dann auf jeden Fall Moa Graven besuchen, Eigenverlegerin selbst verfasster Ostfrieslandkrimis und wahrscheinlich die nüchternste Figur im Literaturbetrieb: »Ich kann vom Schreiben leben, weil ich nicht viel zum Leben brauche.«

Entgangen sind mir dank Corona leider auch Dan Diners jüngstes Werk und Michael Wolffsohns Auftritte – es wären bestimmt mehrere gewesen, schließlich hat er gleich zwei Bücher frisch veröffentlicht.

Auch von Maxim Biller gibt es Neues auf dem Markt. Wenigstens ihn habe ich nicht verpasst. Er geht ja sowieso nicht auf Buchmessen.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025