Paris im Frühjahr 1987. Im französischen Fernsehen wird der Prozess gegen den »Schlächter von Lyon« und Nazi-Kriegsverbrecher Klaus Barbie übertragen. Rivka bereitet in ihrer großbürgerlichen Wohnung das Essen vor. Ihr Sohn Viktor, ein Anwalt, will sie zum Essen besuchen. Während der Mahlzeit stellt Viktor seiner Mutter Fragen. Er hat alte Dokumente gefunden, die belegen, dass sie Jüdin ist. Die alte Dame weicht aus, redet davon, wie durchgebraten das Fleisch sei, oder holt schnell noch Salz. Viktors Fragen bleiben unbeantwortet. Nur den beiden Enkelkindern vermag sich Rivka kurz vor ihrem Tod anzuvertrauen. Sie besucht mit ihnen überraschend eine Synagoge und gibt den Kindern »ihren gelben Judenstern«. Sie erzählt von der Deportation der Eltern, die sich versteckt gehalten hatten und denunziert wurden.
jeanne Moreau Das Erste zeigt am kommenden Sonntag Amos Gitais Film Später wirst du es verstehen. Der zwischen Frankreich und Israel pendelnde Regisseur hat ein autobiografisches Buch des ehemaligen Arte-Präsidenten Jérome Clément verfilmt, der erst nach dem Tod seiner Mutter erfuhr, dass sie Jüdin war. Gitai hat aus der literarischen Vorlage einen stillen, ruhigen Film gemacht, der auf subtile Art große Intensität ausstrahlt – einen klugen Beitrag zur Frage nach dem »Non-Dit«, dem »nicht Ausgesprochenen«, in der Erinnerung an die Schoa. Jeanne Moreau spielt die Rivka mit einer unaufdringlichen Präsenz und Autorität, die unter die Haut geht. Dieser Frau wagt man nicht Fragen zu stellen, die sie nicht beantworten mag, lauscht aber gebannt, wenn sie beginnt, von sich selbst zu erzählen.
Schade nur, dass weniger Zuschauer diesen Film sehen werden, als er es verdient. Das Erste strahlt ihn erst um 0.05 Uhr in der Nacht von Sonntag auf Montag aus.
»Später wirst du es verstehen«.
Das Erste, Sonntag, 13. März, 0.05 Uhr