Ist Albert Einsteins Relativitätstheorie widerlegt? Diese Frage stellte sich, als die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) Ende vergangener Woche mit folgender Nachricht an die Öffentlichkeit trat: CERN-Wissenschaftler hatten Neutrinos beobachtet, die sich schneller als das Licht bewegten. Der Relativitätstheorie zufolge ein Ding der Unmöglichkeit: Lichtgeschwindigkeit ist die absolute Höchstgeschwindigkeit im Universum.
Dabei wollten die Forscher des OPERA-Projekts, an dem wissenschaftliche Einrichtungen aus elf Ländern beteiligt sind – unter anderem das Technion-Institut im israelischen Haifa –, gar nicht die Geschwindigkeit von Neutrinos messen. Vielmehr ging es um die sogenannte Neutrino-Oszillation. Neutrinos sind beinahe masselose Elementarteilchen, die in drei verschiedenen Typen vorkommen und sich in einen jeweils anderen Typus umwandeln können.
Dieser Vorgang sollte erforscht werden. Zu diesem Zweck wurden im CERN-Teilchenbeschleuniger in Genf Neutrinos erzeugt und in die 730 Kilometer entfernte OPERA-Forschungseinrichtung im italienischen Gran Sasso verschickt. Beobachten wollten die Forscher, wie sich Neutrinos unterwegs in andere Neutrino-Typen umwandeln.
Verfrüht Doch dabei geschah etwas Unerwartetes. Die Neutrinos kamen zu früh an – statt 2,43 Millisekunden brauchten sie 60 Milliardstel Sekunden weniger für ihre Reise durch die Alpen. Damit waren sie schneller als das Licht, und das hätte eigentlich nicht vorkommen dürfen. Da Neutrinos anders als die völlig masselosen Photonen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, über eine geringe Masse verfügen, müssten sie etwas langsamer sein.
Antonio Ereditato von der Universität Genf, Sprecher des OPERA-Projekts, schließt Messfehler aus. Um herauszufinden, ob wirklich eine Revolution in der Physik vorliegt, fordert CERN nun Forschungseinrichtungen in aller Welt auf, das Experiment zu wiederholen.