Der Antisemitismus-Eklat um die »documenta fifteen«, der kürzliche Rücktritt der Findungskommission für die Künstlerische Leitung der »documenta 16« sind große Herausforderungen, vor denen die Weltkunstausstellung in Kassel steht. »Unser Ziel muss es sein, zu zeigen, dass es in Deutschland weiterhin möglich ist, kritische Kunst zu präsentieren«, sagte Geschäftsführer Andreas Hoffmann der dpa.
»Wir müssen die Kunstfreiheit sicherstellen und gleichzeitig klarmachen, dass die Documenta in einem Land mit einer Geschichte stattfindet – in dem Land, das die Schoa erfunden hat - mit der grausamen Ermordung von sechs Millionen Juden.«
Es müsse in dieser in der Geschichte der Documenta einzigartigen Situation vor allem darum gehen, Vertrauen zurückzugewinnen. In der Rücktrittsbegründung der Findungskommission würden Zweifel daran deutlich, ob in Deutschland der Rahmen aktuell ausreichend gegeben sei, kritische Kunst zu präsentieren. »Offensichtlich gibt es den Vorbehalt der Zensur beziehungsweise der verunmöglichten Debatte«, so Hoffmann.
»Gruppenspezifische Menschenfeindlichkeit«
Mit Blick auf die kommende Documenta betonte Hoffmann: »Eins ist klar: Es darf und wird keine Vorabprüfung der Kunst durch die Geschäftsführung oder Gremien geben. Bei Beiträgen, die sich als antisemitisch herausstellen oder andere Inhalte zeigen, die in den Bereich der gruppenspezifischen Menschenfeindlichkeit weisen, haben wir aber die Möglichkeit des unmittelbaren Dialogs, der Kontextualisierung und – aber das nur im Rahmen der strafrechtlichen Relevanz – Werke im Extremfall auch gegen den Willen der Künstlerischen Leitung aus der Ausstellung zu nehmen.«
Bereits die »documenta fifteen« war von einem Antisemitismus-Eklat überschattet worden. Nach erneuten Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Mitglied der Findungskommission für die Künstlerische Leitung der »documenta 16« war Mitte November zunächst dieses Mitglied und später die gesamte Findungskommission zurückgetreten.
Die Documenta gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst. Die 16. Ausgabe der Schau soll vom 12. Juni bis 19. September 2027 in Kassel stattfinden. dpa