Interview

»Das musste erzählt werden«

Jean Reno als jüdischer Familienvater in »Die Kinder von Paris« Foto: verleih

Monsieur Reno, warum wollten Sie in »Die Kinder von Paris« mitspielen?
Ich bin der Meinung, dass diese Geschichte erzählt werden musste. Die Wahrheit sollte ans Licht. Niemand hatte bisher diese Geschichte erzählt. Es gab viele Filme über die Razzia vom »Vel d’hiv«, aber die Rolle der Kinder hatte dabei nie eine besondere Rolle gespielt. Und ich habe Kinder, deshalb wollte ich mit dabei sein.

Sie spielen einen jüdischen Familienvater, der deportiert wird. Hat das persönliche Hintergründe?
Ich bin nicht Jude, aber ich wuchs in Casablanca zusammen mit Muslimen, Christen und Juden auf. Und als ich jung war, hatte ich viele Freunde mit Familienmitgliedern, die in den Konzentrationslagern getötet wurden. Ich kenne ihre Geschichten.

Für Sie als Franzosen geht es in dem Film um eine dunkle Epoche Ihrer Nationalgeschichte.
Es geht nicht darum, ob ich Franzose bin oder nicht. Ich bin in Spanien geboren, bin jetzt Franzose, meine Frau ist Engländerin, und mein Sohn ist Amerikaner. Wie man im Film sieht, gab es auch gute Franzosen, die Juden versteckt haben. Der Film ist das Porträt einer ganz speziellen Epoche.

Haben Sie sich mal die Frage gestellt, wie Sie damals gehandelt hätten?
In extremen Situationen können gewöhnliche Menschen ebenso Helden wie Feiglinge sein. Niemand weiß, wie er selbst reagiert hätte. Heute ist es leicht, zu kritisieren. Die Menschheit ist eigentlich sehr schwach. Das betrifft auch mich.

Und wie sehen Sie die Rolle der Vichy-Regierung?
Ich möchte nicht über Politik reden. Dafür bin ich nicht der Richtige. Ich bin kein kritischer Philosoph oder Beobachter der französischen Geschichte. Außerdem ist meine Meinung irrelevant. Ich habe diesen Film gedreht, weil ich wollte, dass er in die französischen Kinos gelangt. Das ist alles. Der Film legt Zeugnis ab. Voilà. C’est tout.

Das Gespräch führte Jörg Taszman.

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