Talkshow

»Das ist kein gutes Zeichen«

Eva Umlauf in der ZDF-Talkshow »Markus Lanz« Foto: Screenshot

Die ersten drei Jahre ihres Lebens verbrachte Eva Umlauf in NS-Lagern. Geboren wurde die heute 82-Jährige im Dezember 1942 in einem Arbeitslager der Nationalsozialisten in der Slowakei.

Im November 1944 wurden Eva und ihre Mutter, die zu jenem Zeitpunkt mit ihrer Schwester schwanger war, in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie hatten großes Glück, denn die Lokomotive war defekt und der Deportationszug kam einige Tage später in Auschwitz an als geplant. Die SS hatte kurz zuvor die sofortige Vergasung neu ankommender Juden eingestellt. »Dieser Transport war der erste, der nicht direkt in die Gaskammern ging«, schilderte Umlauf am Mittwochabend in der ZDF-Sendung »Markus Lanz« ihre Geschichte.

Drei Monate verbrachte sie in dem Todeslager. Ende Januar 1945 wurden sie und ihre Mutter, beide schwer krank und geschwächt, dann von der Roten Armee befreit. In der Talkshow erzählte Umlauf auch von ihrem Leben in der Tschechoslowakei nach 1945 und wie sie 1967, nach Abschluss ihres Medizinstudiums in Bratislava, der Liebe wegen in die Bundesrepublik kam.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auch mit 81 arbeitet Umlauf noch als Psychotherapeutin. Wer ihr zuhört, merkt, dass ihr ihr Beruf Spaß macht. In den 60er Jahren in der Bundesrepublik Fuß zu fassen, sei ihr hingegen schwer gefallen. Zum einen waren Frauen mit Kindern in der Arbeitswelt benachteiligt, zum anderen habe es damals noch viele Nazis gegeben. Umlauf schildert, wie ihr die Deutschlehrerin in ihrem Sprachkurs zu verstehen gab, Adolf Hitler sei doch ein guter Mensch gewesen.

Den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, besonders seit dem 7. Oktober, verspürt sie am eigenen Leib, er sei nur schwer zu ertragen. Von Lanz gefragt, warum sie sich nicht mehr traue, die »Jüdische Allgemeine« in der S- oder U-Bahn zu lesen, antwortet sie, sie wolle nicht provozieren, dass andere Fahrgäste sie als Jüdin wahrnähmen.

»Wie ein Brief verpackt« komme die Jüdische Allgemeine neuerdings zu ihr nach Hause, damit schon der Briefträger nicht sehe, wer die Zeitung bekomme. »Die Jüdische Allgemeine (in der U-Bahn zu lesen) ist auch für mich gefährlich«, sagt Umlauf. Bei der »Süddeutschen Zeitung« sei das anders. Seit dem 7. Oktober wird die JA – auf ausdrückliche Bitte der IKG München und Oberbayern – in geschlossenen Briefumschlägen an die Abonnenten verschickt.

Zwar habe es auch lange vor den Nationalsozialisten Antisemitismus und Pogrome gegen Juden gegeben, bemerkt Umlauf. »Aber was jetzt ist, das ist Judenhass, und das ist für mich, die gedacht hat, es sei (mit dem Holocaust) getan, sehr schwer zu ertragen. Das ist schon mehr als nur Antisemitismus.« Diejenigen, die sich so äußerten, wollten »das Ende des Judentums«.

Umlauf gibt dem Historiker Michael Wolffsohn Recht, der sagt, dass der überwiegende Teil des Antisemitismus heute aus muslimischen Kreisen komme. »Das ist kein gutes Zeichen.«

Doch Eva Umlauf wirkt nicht resigniert, spricht mit klarer Stimme, wirkt kämpferisch. Seit einigen Jahren engagiert sie sich als Zeitzeugin, geht in Schulen, sucht das Gespräch vor allem mit der jüngeren Generation. Gefragt, warum sie als Jüdin nach Deutschland, in das Land der Täter, zurückgekommen sei, antwortet sie so: »Man möchte Deutschland doch nicht judenfrei machen. Ich bin hier, um zu sagen: Ich bin da.«

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  14.01.2025

Leipzig

»War is over« im Capa-Haus

Das Capa-Haus war nach jahrzehntelangem Verfall durch eine bürgerschaftliche Initiative wiederentdeckt und saniert worden

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

Krefeld

Gütliche Einigung über Campendonk-Gemälde

An der Einigung waren den Angaben nach die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), das Land NRW und die Kulturstiftung der Länder beteiligt

 13.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Mascha Kaléko

Großstadtdichterin mit sprühendem Witz

In den 20er-Jahren war Mascha Kaléko ein Star in Berlin. Die Nazis trieben sie ins Exil. Rund um ihren 50. Todestag erleben die Werke der jüdischen Dichterin eine Renaissance

von Christoph Arens  13.01.2025

Film

»Dude, wir sind Juden in einem Zug in Polen«

Bei den Oscar-Nominierungen darf man mit »A Real Pain« rechnen: Es handelt sich um eine Tragikomödie über das Erbe des Holocaust. Jesse Eisenberg und Kieran Culkin laufen zur Höchstform auf

von Lisa Forster  13.01.2025

Sehen!

»Shikun«

In Amos Gitais neuem Film bebt der geschichtsträchtige Beton zwischen gestern und heute

von Jens Balkenborg  12.01.2025

Omanut Zwillenberg-Förderpreis

Elianna Renner erhält Auszeichnung für jüdische Kunst

Die Schweizerin wird für ihre intensive Auseinandersetzung mit Geschichte, Biografie und Politik geehrt

 12.01.2025