Herr Schuster, in der Debatte um das Jüdische Museum meinen Beobachter, ein Tweet habe den Zorn der israelischen Regierung erweckt, der Zentralrat habe daraufhin Druck auf die deutsche Politik ausgeübt und Museumsdirektor Peter Schäfer zum Rücktritt gezwungen. Sehen Sie das genauso?
Ob der Tweet den Unmut der israelischen Regierung geweckt hat, müssen Sie die israelische Regierung fragen. Ich habe mich dazu aus eigenem Antrieb geäußert. Wer behauptet, der Zentralrat sei der verlängerte Arm der israelischen Regierung, der irrt. Es gab bereits vor dem Tweet Entwicklungen im Jüdischen Museum, die mich besorgt haben und über die ich mit Peter Schäfer gesprochen habe. Der Tweet reiht sich ein in eine Vielzahl kritikwürdiger Ereignisse, wie den Besuch des iranischen Kulturattachés oder die umstrittene Jerusalem-Ausstellung. Zu keinem Zeitpunkt habe ich den Rücktritt von Peter Schäfer gefordert.
Wissenschaftler aus aller Welt stärken Peter Schäfer jetzt den Rücken, würdigen ihn als anerkannten Kenner des antiken Judentums. Sind Sie anderer Meinung?
Ich möchte betonen, dass ich keine Zweifel an der Qualifikation des Judaisten Peter Schäfer hege. Peter Schäfer und ich haben in den vergangenen Jahren vertrauensvolle Gespräche geführt. Nur wenige Tage vor seinem Rücktritt haben wir miteinander telefoniert. Was ich als problematisch erachte, ist die politische Haltung, die durch das Jüdische Museum vertreten wurde. Selbstverständlich darf und soll ein Museum Ort des Austauschs und der Debatte sein. Warum aber muss sich das Jüdische Museum einseitig politisch positionieren, wie zum BDS-Beschluss des Bundestages? Dafür habe ich kein Verständnis.
Es ist sogar die Rede davon, Schäfer werde Antisemitismus vorgeworfen. Auch heißt es: Was Antisemitismus und was jüdisch ist, definiere die israelische Regierung, unterstützt vom Zentralrat. Was denken Sie darüber?
Ich habe Peter Schäfer zu keinem Zeitpunkt Antisemitismus vorgeworfen. Sobald der Zentralrat Kritik an einem Vorgang übt, wird das schnell in die Kategorie »Antisemitismus« eingeordnet. Das ist sehr bedauerlich, aber der Vorwurf der sogenannten »Antisemitismuskeule« ist nicht neu. Dass die jüdische Gemeinschaft hierzulande aus nachvollziehbaren Gründen eine enge Verbindung zum Staat Israel hat, ist bekannt. Das heißt aber nicht, dass wir alle Entscheidungen der israelischen Regierung gutheißen. Auch Jüdinnen und Juden in Deutschland haben dazu unterschiedliche Positionen.
Sie meinen, das Museum sollte wieder jüdischer werden. Was verstehen Sie darunter?
Nach meinem Eindruck sind in den vergangenen Jahren jüdische Perspektiven, die auch sehr verschieden sein können, vernachlässigt worden. Ich würde mir wünschen, dass dem jüdischen Blickwinkel in Zukunft mehr Platz eingeräumt wird.
Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.
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