Skurrile Meldungen

»Da steckt viel Menschliches drin«

Eva Menasse über ihr neues Buch, groteske Tiergeschichten und Amerikas Präsidenten als machthungrigen Gorilla

von Philipp Peyman Engel  06.03.2017 20:04 Uhr

Eva Menasse Foto: dpa

Eva Menasse über ihr neues Buch, groteske Tiergeschichten und Amerikas Präsidenten als machthungrigen Gorilla

von Philipp Peyman Engel  06.03.2017 20:04 Uhr

Frau Menasse, Sie sammeln seit Jahren akribisch Tiermeldungen. Etwa die von einem Mann, der ein Opossum mit Mund-zu-Mund-Beatmung wiederzubeleben versuchte. Wie sind Sie zu diesem schrägen Hobby gekommen?
Durch Zufall. 2002 sorgte das große Hochwasser auch im Prager Zoo für Chaos. Der Zoo wurde komplett überschwemmt, da er am Ufer der Moldau liegt. Drei Robbenweibchen nutzten das Hochwasser und konnten Richtung Elbe schwimmen. Die Boulevardzeitungen machten daraus quasi einen Fortsetzungsroman: »Robben-Trio endlich in Freiheit!«, »Warum kehrte Robbenbaby freiwillig ins Becken zurück?« und, und, und. Seitdem bin ich von solchen Geschichten affiziert und sammle sie.

Die Meldungen scheinen auch viel über den Menschen zu verraten. Haben Sie diese Geschichten deshalb als Ausgangspunkt für Ihr Buch »Tiere für Fortgeschrittene« ausgewählt, das heute erscheint?
Ja. Mich interessiert an ihnen nur vordergründig das Komische. In den Meldungen steckt viel Menschliches, sie erzählen mir viel mehr über uns als über die Tiere. Zum Beispiel die erwähnte Geschichte mit dem Opossum: Warum zur Hölle versucht ein betrunkener 55-jähriger Mann irgendwo in Pennsylvania, eine tote Beutelratte wiederzubeleben? Da setzt dann bei mir die Fantasie ein. Der Auftrag an mich beim Schreiben war: Schildere die Stunden davor im Leben des Mannes so, dass dieser Schlusspunkt logisch ist.

Eine schwierige Aufgabe ...
Es steckt mehr hinter solchen Meldungen, als man meint. Wir interpretieren viel in Tiere hinein. Es ist eine Art Umweg, um über uns selbst nachzudenken. Und zwar ein hilfreicher Umweg. Unsere Geschichten über sie sind eine Art kathartische Folie. Es ist kein Zufall, dass bei der Charakterisierung von Politikern oft Metaphern benutzt werden.

Donald Trump wird oft als Alpha-Männchen beschrieben. An welches Tier erinnert Sie der US-Präsident?

Bei Trump muss ich direkt an das Imponiergehabe von Gorillas denken. Bei seinen Wählern an eine aufgebrachte kopflose Büffelherde, die alles niedertrampelt, was einmal als schön und wichtig galt. Aber da fangen dann schon wieder die Vermenschlichungen an. Man sollte unterscheiden zwischen der tierischen Wirklichkeit und unseren Projektionen.

Gibt es eine Meldung aus den vergangenen Jahren, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Bei einem Brand vor einem Aquarium kam es vor Jahren zu einer Verkettung unglücklicher Umstände. Die Klimaanlage saugte den Rauch von draußen an und leitete das Kohlenmonoxid direkt in das Haifischbecken. Die Besucher blieben verschont, die Haie aber verhielten sich merkwürdig. Die aberwitzige Pointe: Als die Haie zu torkeln begannen, zog der Zoodirektor einen Taucheranzug an und sprang ins Wasser. Es hat nicht geholfen: Am Ende waren vier von zehn Haien trotzdem tot.

Mit der österreichischen Schriftstellerin sprach Philipp Peyman Engel.

Bochum

Gil Ofarim kündigt Konzert an

Gerade erst zeigte er sich geläutert - nun kündigt er neue Pläne an

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Saarbrücken

Moderne Galerie zeigt Illustrationen von Marc Chagall

Die Schau »Marc Chagall. Die heilige Schrift« ist bis zum 25. April 2025 zu sehen

 21.11.2024

Fußball

Neuer wackelt: Plötzliche Chance für Peretz im Bayern-Tor?

Manuel Neuer plagt »ein Stechen im Rippenbereich« und Sven Ulrteich fällt vorerst aus persönlichen Gründen aus

 21.11.2024

Gut besucht: die Konferenz in Berlin

Zionismus-Tagung

Vom Recht auf einen souveränen Staat

In Berlin diskutieren Referenten und Teilnehmer aus Deutschland und Israel verschiedene Aspekte

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024