Wenige Wochen vor dem diesjährigen Brechtfestival in Augsburg hat Festivalleiter Julian Warner Antisemitismus-Vorwürfe zurückgewiesen. Am Montag distanzierte sich Warner von einer Unterschrift, die er im Jahr 2020 unter einem offenen Brief geleistet hatte.
In dem Schreiben, den mehr als 1500 Personen unterzeichnet haben, wurde die Bundestagsentscheidung zur antisemitischen Israel-Boykottbewegung BDS kritisiert. Zuvor hatte das Internetportal »Die Augsburger Zeitung« über die Unterschrift Warners berichtet.
Die BDS-Kampagne ruft seit Jahren zum Boykott des Staates Israel und israelischer Produkte auf. Der Bundestag hatte die BDS-Bewegung in einem Beschluss vom 17. Mai 2019 verurteilt. Deren Argumentationsmuster und Methoden seien antisemitisch, hieß es darin.
Distanzierung nach dem 7. Oktober
Der von Warner unterzeichnete offene Brief kritisierte den Parlamentsbeschluss. Die Einschränkung des Rechts auf Boykott sei eine »Verletzung demokratischer Prinzipien«, heißt es in dem Dokument.
Nunmehr äußert sich Warner gegensätzlich: »Ich lehnte damals und lehne heute den Israel-Boykott ab und bin zu keiner Zeit ein Unterstützer des BDS gewesen«, erklärte der Festivalchef. »Vor dem Hintergrund des Antisemitismus-Skandals bei der Documenta 15 sowie des verbrecherischen Angriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 distanziere ich mich ausdrücklich von meiner 2020 getätigten Unterschrift unter genannten Offenen Brief.«
Der Münchner Kulturanthropologe Warner leitet das Festival in Bertolt Brechts Geburtsstadt Augsburg seit dem vergangenen Jahr. Alle drei Jahre wird ein neuer Festivalchef berufen. dpa/ja