Der konservative amerikanische Publizist und ehemalige Psychiater Charles Krauthammer ist am Donnerstag im Alter von 68 Jahren gestorben. Er war bekannt für seine politischen Kolumnen, die in der »Washington Post« sowie weltweit in etwa 400 Publikationen erschienen und in denen er sich vor allem mit außenpolitischen Fragen beschäftigte.
Krauthammer gilt als ein führender intellektueller Vertreter des Neokonservatismus. Sein Denken war allerdings viel zu widersprüchlich, um es auf einen einfachen Nenner zu bringen. Die »Financial Times« bezeichnete ihn im Jahr 2006 als einflussreichsten Kommentator der USA, der die amerikanische Außenpolitik mehr als zwei Jahrzehnte lang beeinflusst habe.
Charles Krauthammer kam am 13. März 1950 in Manhattan zur Welt. Seine Eltern waren orthodoxe Juden; sein Vater stammte aus der Ukraine, seine Mutter aus Belgien. Er selbst bezeichnete sich in späteren Jahren zwar als nicht religiös, fühlte sich seinem jüdischen Erbe jedoch immer verbunden. Er sprach fließend Hebräisch, war ein großer Freund Israels und zählte zu den Gründern des Vereins »Pro Musica Hebraica«, der sich für die Bewahrung und Aufführung klassischer jüdischer Musik einsetzt.
Karriere Zunächst studierte Krauthammer in Montreal Wirtschaft und Politikwissenschaft, um dann an der Harvard-Universität ein Medizinstudium anzuschließen. Während seines ersten Studienjahres in Harvard erlitt er beim Sprung von einem Sprungbrett einen schweren Unfall, in dessen Folge er sein Leben lang vom Hals an abwärts gelähmt blieb. Das hinderte ihn nicht daran, später erfolgreich als Psychiater zu praktizieren und wichtige Beiträge zur psychiatrischen Forschung zu leisten. Im Jahr 2002 sollte ihn Präsident George W. Bush als Experten in seinen Bioethik-Rat berufen.
Ende der 70er-Jahre zeichnete sich für Krauthammer ein Karrierewechsel ab. Er zog 1978 nach Washington, wurde 1980 Redenschreiber für Jimmy Carters Vizepräsident Walter Mondale und begann, für die Zeitschrift »The New Republic« und das »Time Magazine« Artikel zu verfassen. Zuvor Mitglied der Demokratischen Partei, wandelte sich Krauthammer zum Anhänger Ronald Reagans und prägte 1985 den Begriff der »Reagan-Doktrin«.
Gemeint war damit die Unterstützung antikommunistischer Bewegungen in der Dritten Welt wie etwa der gewalttätigen Contras in Nicaragua oder der islamistischen Mudschaheddin in Afghanistan, um den tatsächlichen oder vermeintlichen Einfluss der Sowjetunion zurückzudrängen.
kolumne Ebenfalls 1985 begann Krauthammer seine langjährige Kolumne für die »Washington Post«, für die er 1987 den Pulitzer-Preis erhielt. Nach dem Fall der Mauer und dem Ende des Kommunismus sah er eine unipolare Weltordnung mit den USA als einziger Supermacht heraufziehen und argumentierte dafür, diese Macht notfalls auch unilateral einzusetzen. In den 90er-Jahren warnte er allerdings noch vor einer allzu militaristischen und interventionistischen Außenpolitik, lehnte zum Beispiel einen humanitären Einsatz in Jugoslawien ab.
Das änderte sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Krauthammer gehörte zu den engagiertesten publizistischen Befürwortern des Krieges gegen den Irak. Von der Richtigkeit seiner Position war er auch dann noch überzeugt, als längst feststand, dass Saddam Hussein keine Massenvernichtungswaffen besaß und der Krieg sich über viele Jahre hinziehen würde – und nicht in bloß drei Wochen beendet wäre, woraufhin sich der Irak in eine blühende Demokratie verwandeln würde, wie Krauthammer optimistisch angenommen hatte.
Kritiker Ideologisch eindeutig festzulegen war er in seinen unzähligen Kolumnen indes nicht. Er war ein großer Unterstützer Israels und sah den Hauptgrund für das Scheitern jeder Friedensbemühung im Nahostkonflikt in der Kompromissunfähigkeit der Palästinenser. Gleichzeitig befürwortete er eine Zweistaatenlösung und begrüßte den einseitigen israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen. Er sprach sich für die Folter von Terrorverdächtigen aus, war aber Gegner der Todesstrafe. Er war für das Recht auf Abtreibung und für Stammzellforschung, aber gegen das Klonen von Menschen. Er lehnte strengere Waffengesetze ab und kritisierte Polizeigewalt gegen Afroamerikaner. Er war ein Gegner Barack Obamas, aber die Wahl Donald Trumps war für ihn eine Katastrophe.
Im August vergangenen Jahres musste sich Krauthammer einer Krebsoperation unterziehen. Am 8. Juni teilte er den Lesern seiner Kolumne mit, dass der Krebs zurückgekehrt sei und er nur noch wenige Wochen zu leben habe. Am Donnerstag, den 21. Juni, ist er nun seinem Krebsleiden erlegen. Er hinterlässt seine Frau Robyn und seinen Sohn Daniel.