Cannes

»Café Society« eröffnet Filmfestspiele

Das Leben sei eine Komödie, die ein sadistischer Autor verfasst habe – so lautet einer der Sätze in Café Society, der neuen Komödie von Woody Allen, mit der am Mittwochabend die 69. Internationalen Filmfestspiele von Cannes eröffnet werden. Und mit ihr hat der New Yorker Filmemacher schon vor Beginn des Festivals einen ersten Rekord aufgestellt: Dass ein Regisseur bereits zum dritten Mal das renommierteste Filmfestival der Welt eröffnen darf, das hat es noch nie gegeben.

Es verwundert kaum, dass die Festivalleitung für Allen eine Ausnahme gemacht hat. Café Society bietet, was man von einem perfekten Eröffnungswerk ebenso erwarten darf wie von einer neuen Woody-Allen-Komödie: eine mitreißende Story, geistreiche Dialoge und vor allem Schauspieler, die zum Who’s who Hollywoods gehören. Zugleich ist Café Society auch eine Hommage an die Glanzzeit des Kinos, gespickt mit bissigen Witzen über die Filmwelt – und damit eine so subtile wie kluge und facettenreiche Selbstreflexion des Mediums Film.

muse Die Komödie spielt im Hollywood der 30er-Jahre: Ein junger Mann sehnt sich nach Ruhm und landet in einem prachtvollen Café, wo er die Schönen und Reichen, die Berühmten und ihre Wasserträger und vor allem die Bluffer trifft. In den Hauptrollen sind Jesse Eisenberg und die erstaunliche Kristen Stewart zu sehen, die längst dem Zwielicht der Mädchen-Vampirserie Twilight auf die Höhen echter Filmkunst entstiegen ist. Gut möglich, dass Woody Allen nach drei Filmen mit Scarlett Johansson in der weiblichen Hauptrolle in ihr seine neue Muse gefunden hat.

Auch Fans des israelischen Films kommen dieses Jahr in Cannes wieder auf ihre Kosten. Zwar ist 2016 kein israelisches Werk im Rennen um die Goldene Palme. Doch insgesamt sind unter rund 100 Filmen in vier Sektionen und zahlreichen Sondervorstellungen vier Filme aus Israel ebenso vertreten wie etliche weitere jüdische Regisseure, Geschichten und Themen.

Gleich mit ihrem ersten Film schafft es die Regisseurin Maha Haj in die offizielle Auswahl der Sektion »Un Certain Regard« von Cannes. Omar Shakhsiya heißt ihr Debüt, in dem sie von einer Familie in Nazareth erzählt, für die sich nicht alle Dinge wie gewünscht entwickeln: Der Sohn lebt in Ramallah und denkt nicht an Heirat und Familiengründung, der Schwiegersohn träumt von einer Filmkarriere, während die Tochter den ersten Enkel erwartet.

IDF In der gleichen Reihe läuft Eran Kolirins neuer Film Me’ever Laharim Vehagvaot. Darin geht es um einen Soldaten, der nach 27 Jahren Dienst aus der Armee entlassen wird und sich wieder ans Zivilleben zu gewöhnen versucht. Doch es ist schwieriger als erwartet, sich an das »neue Israel« anzupassen, das von rasantem Tempo und der Sehnsucht nach Erfolg getrieben ist.

Außer Konkurrenz läuft neben dem neuesten Film von Steven Spielberg (The BFG), der Verfilmung eines Kinderbuchs von Roald Dahl, auch Hands of Stone, in dem Regie-Newcomer Jonathan Jakubowicz von der Boxlegende Roberto Durán aus Panama erzählt. Édgar Ramírez und Ex-Raging Bull Robert De Niro spielen die Hauptrollen. In der »Directors’ Fortnight« läuft dagegen der neue Film des 87-jährigen jüdischen Kinopoeten Alejandro Jodorowsky aus Chile, der darin von seiner Jugend in den 40er- und 50er-Jahren erzählt.

In diesem Wettbewerb ist auch Shavua ve Yom des israelischen Regisseurs Asaph Polonsky zu sehen. Der Film erzählt vom plötzlichen Tod und dem Umgang der Überlebenden mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Dabei versucht Polonsky, den »grotesken Humor solcher Situationen nicht aus dem Blick zu verlieren«, wie er sagt. »Es sollte lustig sein, ohne das Drama zu vergessen.«

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025