Er liebe den Sound von brutzelnden Zwiebeln in der Pfanne, sagte Barack Obama über Itzhak Perlman, als er ihm vor fünf Jahren die Freiheitsmedaille des US-Präsidenten verlieh. Doch noch mehr, so fuhr Obama im Weißen Haus fort, liebe der Geiger die Musik, »die für ihn wie selbstverständlich zum Leben gehört«: Perlman, der seit mehr als 50 Jahren weltweit auftritt, ist so etwas wie ein Popstar der Klassik. Der Geiger, in Israel geboren und in den USA berühmt geworden, steht in einer Reihe mit Legenden seines Fachs, etwa Yehudi Menuhin oder Jascha Heifetz.
Nicht nur Brahms und Mendelssohn - Perlman tritt mit seiner Stradivari gemeinsam mit Billy Joel zu »We did’nt start the fire« auf, oder er spielt zu einem Entscheidungsspiel die US-Nationalhymne.
Der Geiger, der an diesem Montag (31. August) 75 Jahre alt wird, war schon in der »Sesamstraße«, spielte im Soundtrack zu »Schindlers Liste«, auch Jazz und Klezmer gehören zu seinem Repertoire. Immer wieder blickt er über die Grenzen der klassischen Musik hinaus - und bleibt dabei einer der großen Violinvirtuosen.
Dabei sah es zunächst so aus, als ob die Hürden für eine Musikerkarriere kaum überwindbar seien. Mit vier Jahren erkrankte der 1945 in Jaffa geborene Perlman an Kinderlähmung. Seitdem ist er auf Gehhilfen angewiesen und kann nur im Sitzen spielen.
Nach einer Behandlung begann er in Israel mit der Ausbildung. Mit 13 Jahren zog er in die USA und studierte an der New Yorker Juilliard School mit den Lehrern Ivan Galamian und Dorothy DeLay. Ein Auftritt in der TV-Show von Ed Sullivan machte das Wunderkind auf einen Schlag berühmt.
Mit atemberaubender Leichtigkeit fliegen Perlmans Finger zu Mendelssohns e-Moll-Konzert. Auf DeLays Betreiben, die den jungen Perlman nach Kräften förderte, gibt er 1963 sein erstes Konzert in der Carnegie Hall. Mit Henryk Wieniawskis f-Moll-Konzert erntet er einen Riesenerfolg.
»Der Mut, mit dem er seine Behinderung annahm, ist unglaublich«, sagte einmal Daniel Barenboim, der Perlman aus Kinderjahren in Tel Aviv kennt. Mit dem Pianisten und Dirigenten spielte er unter anderem die Brahms-Sonaten für Klavier und Violine und Beethovens Tripelkonzert ein.
Manchmal federleicht, zuweilen wie der ferne Klang einer Schellackplatte klingt Perlmans Spiel. Er könne der Geige jeden Klang entlocken, schwärmte ein Kritiker der »New York Times«. Aber Perlman wolle sein Publikum nicht überwältigen, er sei ein »demokratischer Virtuose«, »einer von uns«.
Ob mit Pinchas Zukerman, Martha Argerich, Plácido Domingo oder Yo-Yo Ma – es gibt kaum einen berühmten Interpreten oder Dirigenten, mit dem Perlman nicht musiziert hätte. Und kaum ein großes Orchester, das ihn nicht engagierte – von den Wiener bis zu den Berliner Philharmonikern, die er auch dirigierte. Dabei wurde er mit Preisen überhäuft – mit Grammys, Goldenen Schallplatten und Ehrendoktor-Würden.
Auch als Geigenlehrer ist er unterwegs. »Ich rate meinen Studenten immer, auch zu unterrichten, weil sie dann auch etwas für ihr eigenes Können entdecken«, sagt Perlman in der neuen Dokumentation »Itzhak Perlman - Ein Leben für die Musik«.
Sein Repertoire ist geradezu überbordend. Ob Vivaldis »Vier Jahreszeiten«, die Konzerte von Bruch, Sibelius oder Brahms, Kammermusik und Paganinis Variationen – Perlman hat sie mit seiner Stradivari-Geige von 1714 alle gespielt und oft auch mehrfach aufgenommen. Auch wenn er in den letzten Jahren eher ins Seichte abrutschte, er ist immer ein Geigenzauberer geblieben und hat sich dabei nicht in den Elfenbeinturm verkrochen. Geigen-Aficionados können sich auf YouTube bei ihm Tipps holen - in Videos wie etwa »Itzhak über das Vibrato«.