Bob Dylan zu sehen, ist ein bisschen wie in den Spiegel zu schauen: Kaum ein Musiker verkörpert die Wandlungen der Zeit so exzessiv wie er. 1941 in Duluth, Minnesota, geboren, hat er in den Cafés von Greenwich Village begonnen, Musik zu machen, und wurde zur Protestikone, als die USA die Welt in Vietnam und Kuba neu ordnen wollten.
Seither ist Bob Dylan ein Meister der Neuerfindung. Der Sohn jüdischer Immigranten konvertierte zum Erweckungschristen, und spätestens mit seinem Hit »Like a Rolling Stone« aus dem Jahr 1965 verwandelte sich der Protest-Song-Schreiber zur Rock-Ikone.
Wandlungen Schon nach Beginn des Vietnam-Krieges und auch dem Attentat auf John F. Kennedy 1963 reagierte Dylan auf die neue Ordnung der Welt und vereinte Elektronik und Folk, Songwriting und Rockmusik. So verband er in seiner Musik alle Stimmungen, die in der Luft lagen – und wurde dafür zunächst ausgebuht.
Heute wissen seine Fans, dass Dylans Wandlungen auch die Art und Weise widerspiegeln wie sie die Welt sehen. Gekonnt balanciert er zwischen privatem Rückzug, innerem Mikrokosmos und Weltpolitik. Das Politische wird bei ihm privat, das Private politisch.
Das macht seine Lyrik, die im vergangenen Jahr mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, so groß und so intim. Aus diesem Spiel gehen Lyrics wie in »Knockin’ On Heaven’s Door«, »Mr. Tambourine Man« und »Girl From The North Country« hervor. Selbst die kapitalisierte Gegenwart hatte der Ex-Protestler spätestens zu dem Zeitpunkt in den Sack gesteckt, als er seinen Hit »The Times They Are a-Changin’« für die Werbung für eine Bank oder eine Versicherung freigab.
Moderne Wenn Dylan nun, nach über drei Dutzend Studioalben, seine »Never Ending Tour« in Neu-Ulm, Krefeld, Bielefeld, Leipzig, Nürnberg und Baden-Baden fortsetzt, sind das mehr als nur einfach Rock-Konzerte. Dylan, der Mann mit Mundharmonika und Klampfe, besingt den Soundtrack einer sich ständig ändernden Welt. »The Times They Are a-Changin’« ist das eigentliche Motto unserer Moderne, und Dylan lebt es – bis heute.
Geändert hat sich auch der Preis, den wir für diese nostalgische Reise zahlen müssen. Dylan ist längst ein Klassiker, und dafür nimmt er zum Beispiel am Donnerstagabend in Neu-Ulm stolze 120 Euro Eintritt – Tickets in den beiden unteren Preisklassen sind bereits vergriffen. Musikgeschichte hat eben ihren Preis!