Die Beratende Kommission für NS-bedingt entzogenes Kulturgut hat sich gegen eine Restitution des Gemäldes »Portrait Alfred Kerr« von Lovis Corinth durch das Stadtmuseum Berlin an die Erben des jüdischen Vorbesitzers Robert Graetz ausgesprochen.
»Die Kommission geht zwar davon aus, dass Robert Graetz seine Kunstsammlung größtenteils NS-verfolgungsbedingt verloren hat«, heißt es in der am Donnerstag am Berliner Standort veröffentlichten Empfehlung der in Magdeburg sitzenden Einrichtung. Es sei allerdings »nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit« klar, dass auch das 1907 entstandene Gemälde Graetz verfolgungsbedingt entzogen wurde und er in dem komplizierten Fall »gegebenenfalls der Primärgeschädigte« war. Darüber hinaus stehe ein 1957 geschlossener Vergleich der Rückgabe entgegen.
eigentum Corinth (1858–1925) malte das Porträt zum 40. Geburtstag des Journalisten und Theaterkritikers Kerr (1867–1948). Das Bild war laut Kommission spätestens 1926 Eigentum des Architekten Leo Nachtlicht, von dem Graetz es erwarb. »Das weitere Schicksal des Bildnisses lässt sich hingegen kaum nachverfolgen«, heißt es.
Es sei »nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit« klar, dass das 1907 entstandene Gemälde Graetz verfolgungsbedingt entzogen wurde, urteilte die Kommission.
Dokumentiert ist eine Verbindung von Graetz zu Gertrud Kahle mit monatlichen Zahlungsverpflichtungen. Erben der ebenfalls von den Nazis verfolgten Kahle verkauften das Bild 1956/57 an das Schiller-Theater, nachdem sie einen Vergleich mit den Graetz-Erben geschlossen hatten. 1974 ging das Gemälde per Übertragung an das Stadtmuseum.
provenienz »In der Gesamtwürdigung« kam die Kommission zur Einschätzung, das Werk sei nicht zu restituieren. Das Gemälde sei allerdings »auf bedrückende Weise« mit vier Verfolgungsschicksalen verknüpft. »Die Familien von Alfred Kerr, Leo Nachtlicht, Robert Graetz und Gertrud Kahle waren sämtlich Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung«, heißt es. »Sie wurden unterdrückt, beraubt, deportiert, in die Flucht getrieben oder ermordet.« Die Kommission empfahl dem Stadtmuseum Berlin, diese Provenienz bei künftigen Umgang mit dem Porträt »auf angemessene Art und Weise« zu würdigen.
Die von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingesetzte Kommission kann bei umstrittenen Restitutionsfällen auf Wunsch der Beteiligten zur Mediation eingeschaltet werden. Dabei wird erwartet, dass sowohl öffentliche Einrichtungen wie auch Private diese Empfehlungen befolgen. dpa