Interview

»BDS ist im Kern antisemitisch«

Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus Foto: Gregor Zielke

Interview

»BDS ist im Kern antisemitisch«

Felix Klein über »Israelkritik«, Boykotte und die Ruhrtriennale

von Philipp Peyman Engel  06.08.2018 15:04 Uhr

Herr Klein, die israelfeindliche BDS-Bewegung erfährt auch im Kulturbetrieb zunehmend Unterstützung. Wie bewerten Sie die Boykottaktionen des BDS?
Die BDS-Bewegung ist in ihren Handlungen und Zielen antisemitisch. Die Aktivisten versuchen, Israel zu isolieren und als angeblichen Apartheidstaat zu diffamieren. Der jüdische Staat soll dadurch Schritt für Schritt delegitimiert werden. BDS nimmt zudem israelische Staatsbürger in Geiselhaft und macht sie pauschal für das Handeln der israelischen Regierung verantwortlich. Ich verurteile all das aufs Schärfste.

Die BDS-Aktivisten selbst sagen, es handele sich bloß um »Israelkritik«. Warum ist das falsch?
Nun, man kann auch im Kern antisemitisch argumentieren, ohne es selbst zu beabsichtigen. Es ändert aber nichts daran: Wer wie BDS das Existenzrecht Israels abstreitet und die israelische Politik mit den Nazis gleichsetzt, der übt keine legitime Kritik an Israel mehr, sondern agiert im Kern antisemitisch. Es gibt darüber hinaus aber noch einen anderen Aspekt, der mich sehr ärgert.

Welcher Aspekt ist das?
BDS verweigert den Dialog mit Andersdenkenden und brandmarkt sie. Dabei ist es in einer Demokratie doch essenziell, im gemeinsamen Gespräch um das beste Argument zu ringen. Wenn die BDS-Bewegung wirklich für die berechtigten Anliegen der Palästinenser eintreten wollte, wie sie stets vorgibt, würde sie nicht so auftreten, wie es der Fall ist.

Das Kulturfestival Ruhrtriennale, das heute beginnt, steht wegen seines Umgangs mit BDS massiv in der Kritik. Wie beurteilen Sie die Reaktion der Organisatoren auf die BDS-Wortmeldungen?
Das gesamte Krisenmanagement war desaströs. Bedauerlich ist ebenfalls, dass bei der Podiumsdiskussion am 18. August in Bochum keine BDS-kritischen Stimmen zu Wort kommen. Und: Muss das Podium wirklich am Schabbat stattfinden, sodass praktizierende Juden von vornherein ausgeschlossen werden? Gerade im Kulturbereich hätte ich mir mehr Vernunft und Sensibilität gewünscht.

Was raten Sie Organisatoren von Kulturfestivals im Umgang mit BDS?
Aufrichtigkeit und Konsequenz. Wenn Künstler ankündigen, auf der Bühne für BDS zu werben, müssen die Organisatoren das Gespräch suchen oder sie notfalls ausladen.

Sollten Künstler, die sich im Rahmen von BDS für Boykotte Israels stark machen, von der Kulturförderung des Bundes ausgenommen werden?
Das müsste man sich in jedem Einzelfall ansehen. Im Extremfall wäre es aber sinnvoll, dann einen solchen Stopp der Förderung anzustreben. Denn eines muss klar sein: Wenn unser »Nie wieder« glaubwürdig sein soll, dann müssen wir Antisemiten im Gewand der Israelkritik entschieden die Grenzen der offenen Gesellschaft aufzeigen.

Mit dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung sprach Philipp Peyman Engel.

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  16.04.2025