Herr Klein, die israelfeindliche BDS-Bewegung erfährt auch im Kulturbetrieb zunehmend Unterstützung. Wie bewerten Sie die Boykottaktionen des BDS?
Die BDS-Bewegung ist in ihren Handlungen und Zielen antisemitisch. Die Aktivisten versuchen, Israel zu isolieren und als angeblichen Apartheidstaat zu diffamieren. Der jüdische Staat soll dadurch Schritt für Schritt delegitimiert werden. BDS nimmt zudem israelische Staatsbürger in Geiselhaft und macht sie pauschal für das Handeln der israelischen Regierung verantwortlich. Ich verurteile all das aufs Schärfste.
Die BDS-Aktivisten selbst sagen, es handele sich bloß um »Israelkritik«. Warum ist das falsch?
Nun, man kann auch im Kern antisemitisch argumentieren, ohne es selbst zu beabsichtigen. Es ändert aber nichts daran: Wer wie BDS das Existenzrecht Israels abstreitet und die israelische Politik mit den Nazis gleichsetzt, der übt keine legitime Kritik an Israel mehr, sondern agiert im Kern antisemitisch. Es gibt darüber hinaus aber noch einen anderen Aspekt, der mich sehr ärgert.
Welcher Aspekt ist das?
BDS verweigert den Dialog mit Andersdenkenden und brandmarkt sie. Dabei ist es in einer Demokratie doch essenziell, im gemeinsamen Gespräch um das beste Argument zu ringen. Wenn die BDS-Bewegung wirklich für die berechtigten Anliegen der Palästinenser eintreten wollte, wie sie stets vorgibt, würde sie nicht so auftreten, wie es der Fall ist.
Das Kulturfestival Ruhrtriennale, das heute beginnt, steht wegen seines Umgangs mit BDS massiv in der Kritik. Wie beurteilen Sie die Reaktion der Organisatoren auf die BDS-Wortmeldungen?
Das gesamte Krisenmanagement war desaströs. Bedauerlich ist ebenfalls, dass bei der Podiumsdiskussion am 18. August in Bochum keine BDS-kritischen Stimmen zu Wort kommen. Und: Muss das Podium wirklich am Schabbat stattfinden, sodass praktizierende Juden von vornherein ausgeschlossen werden? Gerade im Kulturbereich hätte ich mir mehr Vernunft und Sensibilität gewünscht.
Was raten Sie Organisatoren von Kulturfestivals im Umgang mit BDS?
Aufrichtigkeit und Konsequenz. Wenn Künstler ankündigen, auf der Bühne für BDS zu werben, müssen die Organisatoren das Gespräch suchen oder sie notfalls ausladen.
Sollten Künstler, die sich im Rahmen von BDS für Boykotte Israels stark machen, von der Kulturförderung des Bundes ausgenommen werden?
Das müsste man sich in jedem Einzelfall ansehen. Im Extremfall wäre es aber sinnvoll, dann einen solchen Stopp der Förderung anzustreben. Denn eines muss klar sein: Wenn unser »Nie wieder« glaubwürdig sein soll, dann müssen wir Antisemiten im Gewand der Israelkritik entschieden die Grenzen der offenen Gesellschaft aufzeigen.
Mit dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung sprach Philipp Peyman Engel.