Lesen!

Bauen in Israel

In wohl keinem Land der Welt ist die Architektur stärker mit der Politik verwoben als im Staat Israel. Gleich zwei deutsche Architekturzeitschriften befassen sich mit dieser Wechselwirkung. In der »Bauwelt« werden Architektur und Städtebau der 50er- und 60er-Jahre in Israel als essenzieller Ausdruck des israelischen Selbstverständnisses definiert. Der Architekt und Bauhausschüler Arieh Sharon erhielt bereits 1948 den Auftrag, einen architektonischen Masterplan für den neuen Staat zu erarbeiten.

In Israel »wurde auf einen Schlag eine räumliche Ordnung geschaffen«, schreibt der Architekt Zvi Efrat in seinem Aufsatz Die Erfindung des modernen Israel. Auch die bundesdeutsche Planungselite ließ das aufhorchen. Sie blickte in den 60er-Jahren aufmerksam nach Israel. Karin Wilhelm beschreibt in Die Suche nach Urbanität, wie sich 1962 eine Gruppe von Studierenden aus der BRD ins junge Israel aufmachte, um in der dortigen Stadtplanung ein neues Gesellschaftsbild zu finden – und daran scheiterte.

jeckes Die Zeitschrift »bauhaus«, herausgegeben von der »Stiftung Bauhaus Dessau« begibt sich in einer schönen Bildstrecke auf Bauhaus-Spurensuche in den Wohnungen deutschsprachiger Einwanderer, der Jeckes. Eine feine Idee! Das Magazin thematisiert auch die konkrete Mitwirkung zahlreicher Bauhausschüler an der Gestaltung der Kibbuzim, der gebauten Gesellschaftsutopie. »bauhaus« verharrt in seinem Schwerpunktheft zu Israel aber nicht in der historischen Betrachtung, sondern schlägt den großen Bogen bis zur Siedlungspolitik dieser Tage.

In Architektur und Krieg weist der israelische Architekt Sharon Rotbard auf die (Nicht-)Beziehung der Städte Jaffa und Tel Aviv hin. Der Gründer der Anti-Gentrifizierungsbewegung Ir Lekulanu und linke Knesset-Abgeordnete Dov Khenin erläutert in einem Interview wohltuend unaufgeregt seinen Kampf um »eine Stadt für alle«.

»Bauwelt« 4. 2012 »Projekt Israel«. Bauverlag Berlin 2012. www.bauwelt.de»
»bauhaus« Ausgabe 2. »Israel«. Spector Verlag Leipzig 2011.

www. .spectorbooks.com

Glosse

Der Rest der Welt

Sukka-Fishing oder Sechs Stunden täglich auf dem Hometrainer

von Margalit Edelstein  06.11.2024

Meinung

Wir erleben eine Zäsur

Eine Resolution zum Schutz jüdischen Lebens ist in Deutschland nicht mehr selbstverständlich. Was bedeutet das für unsere Zukunft?

von Ayala Goldmann  05.11.2024

Interview

»Wir stehen hinter jedem Film, aber nicht hinter jeder Aussage«

Das jüdische Filmfestival »Yesh!« in Zürich begeht diese Woche seine 10. Ausgabe, aber den Organisatoren ist kaum zum Feiern zumute. Ein Gespräch mit Festivaldirektor Michel Rappaport über den 7. Oktober und Filme, die man zeigen soll

von Nicole Dreyfus  05.11.2024

Film

Debatte gegen den Tod

Jurijs Saule inszeniert in »Martin liest den Koran« provokant eine thrillerhafte Diskussion über religiösen Extremismus und die Auslegung von Glaubensgeboten

von Jens Balkenborg  05.11.2024

Nachruf

»Also sprach Zarabauer«

Yehuda Bauer war nicht nur Historiker, sondern auch ein begnadeter Redner mit viel Humor

von Laurence Weinbaum  04.11.2024

Dokumentation

»Ein Bürger, ein Demokrat, ein Humanist, der für uns aufbegehrt«

Friedman erhält die Goethe-Plakette. Lesen Sie die Laudatio von Carolin Emcke

von Carolin Emcke  04.11.2024

Nachruf

Abschied von einem genialen Musiker und Produzenten

Quincy Jones produzierte Michael Jackson. Auch er selbst lieferte Unmengen an Musik

von Imanuel Marcus  04.11.2024

Hito Steyerl

Künstlerin mit Kompass

In ihrer Ausstellung »Normalität« setzt sich die Filmemacherin mit antisemitischer Gewalt auseinander

von Eugen El  04.11.2024

Literatur

Volker Kutscher veröffentlicht seinen letzten Rath-Roman

Dieser Band endet mit den November-Pogromen im Jahr 1938

von Christiane Laudage  04.11.2024