Der Dirigent Daniel Barenboim (76) hat den Vorwurf eines körperlichen Übergriffs gegen eine Mitarbeiterin der Berliner Staatsoper Unter den Linden zurückgewiesen. Er habe die Orchestermanagerin weder geschüttelt noch berührt, erklärte der Generalmusikdirektor der Staatsoper am Mittwoch in Berlin.
Barenboim räumte aber ein, die Mitarbeiterin bei einer Diskussion angeschrien zu haben. Er sei jederzeit bereit, dies eidesstattlich zu versichern, hieß es weiter in der Erklärung der Staatsoper.
BESCHWERDE Die Orchestermanagerin hatte im Online-Klassikmagazin »Van« behauptet, Barenboim habe sie im März 2018 in der Garderobe der Staatsoper mit beiden Händen zwischen Schulter und Hals gegriffen und geschüttelt. In dem »Van«-Bericht warf die Frau Staatsopern-Intendant Matthias Schulz vor, nicht ausreichend auf ihre Beschwerden reagiert zu haben. Ihr Vertrag an der Staatsoper sei nicht mehr verlängert worden.
Barenboim erklärte weiter, er habe sich bei der Mitarbeiterin dafür entschuldigt, dass er sie angeschrien habe. Er habe sie aber »kategorisch nicht geschüttelt oder anderweitig berührt.« Die Entscheidung, ihren Vertrag nicht zu verlängern, hätten Intendant, Orchester und er gefällt.
Barenboim erklärte weiter, er habe sich bei der Mitarbeiterin dafür entschuldigt, dass er sie angeschrien habe.
Anlass der Diskussion war laut Barenboim ein Missverständnis über den Umgang mit Klavieren. Wie »Van« berichtete, ging es um die Nutzung eines Klaviers aus der Staatsoper für ein von Barenboims Ehefrau, der Pianistin Elena Bashkirowa, veranstaltetes Kammermusikfestival in Berlin.
Barenboim habe dabei fälschlicherweise angenommen, dass die Mitarbeiterin hinter seinem Rücken über einen für ihn speziell angefertigten Flügel verfügen wolle. Das sei ein Missverständnis gewesen. Sie habe nur organisatorische Fragen von Barenboim fernhalten wollen, erklärte die Managerin.
Von dem Übergriff habe sie zwei Freundinnen berichtet und den Vorfall im Juni 2019 auch in einer eidesstattlichen Versicherung zu Protokoll gegeben.
ARBEITSKLIMA Intendant Matthias Schulz erklärte in der Stellungnahme, er habe intensive Gespräche mit der Mitarbeiterin und Barenboim einzeln sowie gemeinsam geführt. Ein geschütztes und produktives Arbeitsklima sei ein Kernthema seiner Arbeit. Er habe dafür eigens eine externe Ombudsstelle beauftragt.
»In unserem Haus arbeiten sehr selbstbewusste, kritische und überaus fähige Mitarbeiter«, erklärte Schulz. Ohne Leistungsdruck könne in einem Opernhaus von der Bedeutung der Staatsoper Unter den Linden nicht gearbeitet werden. Gerade deshalb greife er jede Unstimmigkeit, die an ihn herangetragen werde, auf. Und er habe keine Berührungsängste, sie auch aufzuklären.
Bereits im Februar war Kritik an Barenboims Umgang mit Mitarbeitern lautgeworden. Ehemalige Orchestermusiker hatten ihm ein launisches und aggressives Verhalten vorgeworfen. Der Dirigent und Pianist hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Sie seien Teil einer Kampagne, um seine Vertragsverlängerung in Berlin zu verhindern. Anfang Juni hatte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) Barenboims Vertrag an der Spitze der Staatsoper bis 2027 verlängert. dpa