Kolumne

Ayalas Welt

Haben Sie schon vom ›Bundesverband der Juden‹ gehört?», fragte mich vor wenigen Tagen ein Kollege. «Nein», musste ich zugeben und fühlte mich blamiert: Hatte ich als Journalistin eine existenzielle Weiterentwicklung des jüdischen Lebens in Deutschland verschlafen?

Ich begann zu googeln und entdeckte die Webseite www.bvjd.org, die stolz verkündet: «Am 1. Mai 2011 wurde im Beisein des künftigen Syndicus und des künftigen Verbandsrabbiners von 13 Gemeinden der ›Bundesverband der Juden in Deutschland e.V. i.Gr.‹ formgerecht gegründet. Er steht allen Juden offen (...) Das geht von den Säkularen über die Rekonstruktionisten, Konservativen, Reformierten und Liberalen bis hin zu den Lubawitschern und Sathmarern.»

Klasse, dachte ich mir. Auf so einen Dachverband habe ich schon lange gewartet. Ich gebe zu, der Vizepräsident der neuen Vereinigung, Rabbiner Ralph Baruch Maschmeier, ist für mich ein unbeschriebenes Blatt.

Radar Aber in dieser Beziehung bin ich nicht allein. Chajim, ein uns allen bekannter Blogger, schreibt auf www.sprachkasse.de/blog: «Bei der geringen Rabbinerdichte in Deutschland hat es der Rabbiner offenbar sehr gut verstanden, unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung hindurchzufliegen.» Toll, ein fliegender Rebbe! Ich finde, es kann gar nicht genug solche Leute in Deutschland geben. Aber natürlich wird bald irgendein Nudnik fragen, wann und wo der Mann seine Smicha erworben hat.

Mitglied im neuen Bundesverband ist übrigens eine jüdische Gemeinde in Halle. Wundert Sie das? Mich nicht – in Halle ist immer was los. Schon vor Jahren verzweifelte eine Kollegin bei der Recherche über den Streit zwischen verschiedenen Gemeinden in Sachsen-Anhalt für eine Radiosendung. Fast fertig mit ihrem Beitrag, rief die Journalistin mich an und kämpfte mit den Tränen. Ich glaube, sie möchte nie wieder über Juden berichten.

Aber nur weil die Gojim weinen, muss sich kein Jude davon abhalten lassen, neue Verbände zu gründen, vor allem, wenn er un-zufrieden ist. Selbst die Union der liberalen Juden, beklagt der neue Bundesver- band, sabotiere angeblich das Entstehen neuer Gemeinden, damit sie nicht die staatliche Unterstützung mit anderen teilen müsse. Wissen Sie was?

Ich möchte auch endlich mal gefördert werden! Ich werde deshalb in Kürze die Vereinigte Volksfront zur Befreiung von Judäa – Ortsgruppe Berlin-Friedenau (VVBJ/ OB-F) einrichten. Helfen Sie mir? Dann gründen Sie eine eigene Ortsgruppe und rufen mich an – ich denke schon mal über die Satzung nach. In unserem Dachverband sind Anhänger von Gur, Belz sowie Neturei Karta, Agnostiker, Atheisten und Anbieter von Lerchenzungen & Otternnasen herzlich willkommen. Und unser Hausrabbiner, Brian Nachman Mustermann, bereitet einen leckeren Kiddusch vor.

Die Autorin ist Journalistin und lebt in Berlin.

Sehen!

Fluxus in Köln

Das Museum Ludwig widmet Ursula Burghardt und Ben Patterson eine Doppelausstellung

von Katharina Cichosch  24.11.2024

Amos Oz

Der Fehlbare

Biograf Robert Alter würdigt den Literaten und politischen Aktivisten

von Till Schmidt  24.11.2024

Glosse

Der Rest der Welt

Schweißausbrüche, Panikattacken und eine Verjüngungskur auf dem Podium

von Margalit Edelstein  24.11.2024

Kulturkolumne »Shkoyach!«

Wenn Fiktion glücklich macht

Shira Haas und Yousef Sweid sind in »Night Therapy« weitaus mehr als ein Revival der Netflix-Erfolgsserie »Unorthodox«

von Laura Cazés  24.11.2024

Aufgegabelt

Boker tow: Frühstück

Rezepte und Leckeres

 24.11.2024

Auszeichnung

Historiker Michael Wolffsohn erhält Jugendliteraturpreis

Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur würdigt Engagement in der Geschichtsvermittlung

 23.11.2024

Berlin

Nan Goldin eröffnet Ausstellung mit Rede über Gaza-Krieg

Die umstrittene Künstlerin nennt Israels Vorgehen »Völkermord« – »propalästinensische« Aktivisten schreien Museumsdirektor nieder

 23.11.2024 Aktualisiert

Bochum

Gil Ofarim kündigt Konzert an

Gerade erst zeigte er sich geläutert - nun kündigt er neue Pläne an

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024