Schuld ist mein Göttergatte. Der wollte unbedingt über Pessach an die Costa de la Luz, statt, wie ich vorgeschlagen hatte, die Verwandtschaft in Israel zu besuchen. Die Reise fing denkbar schlecht an. Wir hatten unser Gepäck – genau 60 Kilogramm für drei Personen – in zwei Koffern untergebracht. Schließlich braucht ein Kleinkind kein eigenes Gepäck. Dachten wir. Doch am Schalter der großen staatlichen Fluggesellschaft Spaniens erklärte man uns, ein einzelner Koffer dürfe aus Sicherheitsgründen nur 23 Kilo wiegen. Wir müss-ten entweder ohne Gepäck einchecken oder ganz schnell einen dritten Koffer kaufen. Fluchend erstanden wir auf dem Flughafen für 109 Euro ein rollbares Plastikteil.
Auf dem zweieinhalbstündigen Flug nach Madrid gab es nichts zu essen, außer, man leistete sich ein »Gourmet-Menü« für zehneinhalb Euro, bestehend aus einem Pappsandwich und einer Dose Cola. In Spanien angekommen, regnete es in Strömen. So saßen wir im Hotel, während über uns der andalusische Himmel seine Schleusen öffnete und mein zweijähriger Sohn quengelte: »Nach Hause, Kita gehen, S-Bahn fahren.«
dauerregen Die Laune ließ ich mir dennoch nicht verderben: Schlechtes Ferienwetter, wie andere Urlaubswidrigkeiten, empfinde ich als mentale Herausforderung, aus der eine Familie nur gestärkt hervorgehen kann. Natürlich gibt es Erholsameres, als im Hotelzimmer ein Kleinkind zu bespaßen, während es draußen schüttet. Bestimmt gibt es auch Menschen, die es als Tragödie empfunden hätten, am Gründonnerstag nach Sevilla zu fahren und dann weder die Kathedrale zu besichtigen (die sinnigerweise in der Karwoche geschlossen hat) noch den berühmten Palast von innen zu sehen (wer will schon im Regen zwei Stunden Schlange stehen?). Natürlich war es auch nicht unser Ziel, in Spanien Nasi Goreng zu essen – aber was soll man machen, wenn alle »authentischen Tapas-Kneipen« vor Touristen bersten und das einzige Lokal mit Platz für einen Kinderwagen ein Chinarestaurant ist? Die Vorbereitungen für die Prozession der Semana Santa verpassten wir, weil wir verzweifelt eine Apotheke suchten, um frische Windeln für unseren Sohn zu erstehen. Als wir die Packung für 23 Euro endlich hatten, wurde die Prozession wegen des Regens abgesagt, und die Teilnehmer flohen mit ihren Ku-Klux-Klan-artigen Kapuzen ins nächste Café oder Parkhaus.
Aber warum sollten sich Juden darüber ärgern, wenn Katholiken nass werden? Mir hat dieser Urlaub jedenfalls Munition für mein eigentliches Ziel geliefert: Pessach 2012 in Israel! Im April regnet es dort so gut wie nie, die Karprozession werden wir uns ohne Regenmäntel in Jerusalem ansehen, bei El Al wird es Matzeknödel umsonst geben. Und mein Mann wird nach diesem Urlaub so schnell nicht wagen, mir zu widersprechen.