Finale

Ayalas Welt

Es gibt Interviews, bei denen man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll. Unlängst wollte ich für einen Radiosender mit einem amerikanischen Rabbiner sprechen, den ein Bestseller über »koscheren Sex« berühmt gemacht hat. Auf der Website des Weisen hatte ich die Ankündigung entdeckt, dass der Mann – früher Lubawitscher, dann Berater von Michael Jackson – ein neues Buch mit dem Titel The Kosher Climax (»Der koschere Orgasmus«) plane. Das interessiert die Hörer, dachte ich mir – auch die nichtjüdischen.

Also vereinbarte ich per E-Mail einen Gesprächstermin und buchte ein Aufnahmestudio. Doch als ich zur vereinbarten Zeit – 22 Uhr, wegen der Zeitverschiebung – bei dem Weisen anrief, gingen in seinem Büro in New Jersey nur die Sekretärinnen ans Telefon. Es tue ihnen schrecklich leid, der Herr und Meister sei nach Spanien geflogen und habe dort noch nicht in seinem Hotel eingecheckt. Ich versuchte es daraufhin auf dem Handy. Zehn Minuten hing ich in der Warteschleife, bis sich herausstellte, dass der Rabbi auch mobil nicht zu erreichen war.

mailbox Leider brauchte ich das Interview dringend. Der Sendetermin rückte näher. Also schickte ich dem Sekretariat am nächsten Tag eine E-Mail mit neuen Terminvorschlägen. Der Rabbi meldete sich mit einer kurzen Nachricht von seinem Blackberry: »Heute Nacht würde passen.« Brav organisierte ich einen neuen Studiotermin. Um 23 Uhr rief ich wie vereinbart an. Der Rabbi hatte den Termin vergessen und sagte, er sei beschäftigt. Dann legte er auf. Ich versuchte es wieder – es meldete sich die Mailbox. Erst eine Viertelstunde später ging der Herr Rabbiner selbst ans Handy. Natürlich wollte ich als Erstes von ihm wissen, was unter einem koscheren Orgasmus zu verstehen sei. Doch mein Gesprächspartner gab sich zugeknöpft. Das Buch sei noch nicht auf dem Markt, und er wolle vorab nichts verraten. Stattdessen erläuterte er mir dreizehn Minuten lang, warum Sex vor der Ehe dem jüdischen Volk schade, Kondome kein koscheres Verhütungsmittel seien und Maimonides oralen Sex nur unter bestimmten Voraussetzungen gebilligt habe. Dann brach die Telefonverbindung zusammen.

Nun gut, immerhin habe ich mit ihm gesprochen – dem selbst ernannten jüdischen Sex-Experten, der ein Buch nach dem anderen veröffentlicht und sich auf internationalen Kongressen über Grundwerte, Sexualität und Moral tummelt. Eines steht für mich aber fest: Sein neues Buch werde ich unter gar keinen Umständen kaufen – auch nicht, wenn irgendein philosemitischer Verlag es ins Deutsche übersetzen lässt. Mit dem Mann bin ich fertig. Auch um den Preis, dass ich jetzt nie erfahren werde, was ein koscherer Orgasmus ist.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025