Wenn ich heute, nur so als Zeitvertreib, Kontaktanzeigen durchblättere, finde ich den Beweis für die alte Theorie, dass Männer und Frauen einfach nicht zusammenpassen. Die meisten inserierenden Frauen sind Mitte 30 bis Ende 40. Die meisten Männer suchen eine Frau bis 30, maximal Mitte 30. Bin ich froh, mit alldem nichts mehr zu tun zu haben!
Manchen Leuten ist so etwas peinlich, aber ich habe kein Problem, davon zu erzählen, welche Niederungen ich auf dem Weg ins Gelobte Land der Beziehung durchqueren musste. Vor einigen Jahren war ich einmal beim »jüdischen Speed-Dating« im Berliner Hotel Interconti. Aber 14 Juden an einem Abend – das war einfach zu viel. Sie waren jünger als ich, Anwälte und Computerspezialisten, aus Berlin, Odessa oder Kiew, bieder und todlangweilig. Am nächsten Morgen hatte ich alle Jüngelchen vergessen.
Mein absoluter Tiefpunkt war eine »Single-Skireise« ins Stubaital. Ohne Juden. (Welcher vernünftige Jude würde auch Sekt in der Sauna trinken?) Der einzige auf den ersten Blick passable Mann litt unter einer Angststörung. Beim Essen in der Skihütte stapelte er Tranquilizer neben seinem Spaghetti-Teller. Er war 30 und angeblich Finanzdirektor des Metro-Konzerns. Eines Abends erzählte ich ihm vom Zeilenhonorar der freien Journalisten. Die Augen des »Aufsteigers« weiteten sich vor Mitleid, und er versprach, mir einen anständigen Job zu verschaffen. Bei Bertelsmann, weil er da Beziehungen ohne Ende habe. Nebenbei ließ er durchblicken, er möge nur rasierte Frauen. Natürlich war ich scharf auf den Job, aber ich blieb standhaft und beschloss, mich nicht zu verkaufen. Das war vernünftig, weil den Mann beim Metro-Konzern niemand kannte – so stellte sich bei meinem Anruf bei der Pressestelle heraus. Der Direktor des Vier-Sterne-Hotels Zum Holzhacker wiederum rief mich mehrmals auf meinem Zimmer an und forderte mich auf, mit ihm »ein bisserl Zeit«zu verbringen. Als ich ihn abblitzen ließ, servierte er mir eine überhöhte Telefonrechnung und verabschiedete mich mit den Worten »Schleich dich, lausiger Krüppel!«
Wieder in Berlin, verlegte ich mich auf Online-Dating mit Parship, das erschien mir seriöser. Mein erster Treffer war ein schwäbischer Drehbuchautor, der das Kopftuch als Verbindung islamischer Frauen zu Gott wertete. Wir gingen schick essen und stritten uns über Toleranz, zahlten getrennt – dann schlug mein Datingpartner vor, um den Beleg zu knobeln: Stein, Schere, Brunnen, Papier. Der Schwabe hat natürlich gewonnen und die Bewirtungsspesen beim Finanzamt abgesetzt. Ach, war das alles ein Stress.
Die jüdischen Traumprinzen, die man bei einschlägigen Websites wie jdate und Juden.de so trifft, waren im Übrigen keineswegs charmanter. Alles Muttersöhnchen. Was mir schließlich geholfen hat, war die Einsicht, dass ein Mann allein noch keine Erlösung bringt. Wie der berühmte Rabbi Ullah gesagt hat (so steht es in der Mischna, Traktat Sanhedrin, 98b): »Mag der Messias kommen, ich aber will ihn nicht sehen!«