Seit mein Sohn zur Welt kam, habe ich eine Menge guter Vorsätze über den Haufen geworfen – darunter auch den Plan, mit dem Kleinen Hebräisch zu sprechen. Dabei habe ich mir immer viel auf mein schönes Ivrit eingebildet – sechs Jahre Israel sollen schließlich nicht umsonst gewesen sein. Doch nach der Geburt hatte ich andere Sorgen: Meine Stimmungen schwankten wie die Titanic, die Kaiserschnittnarbe schmerzte höllisch, und die Stilldemenz sorgte dafür, dass selbst meine deutsche Muttersprache von Wortfindungsstörungen beeinträchtigt wurde – vom Hebräischen ganz zu schweigen. Außerdem spricht mein Mann kein Ivrit, und ich wollte mit dem Baby nicht in einer Geheimsprache brabbeln.
Meine Entscheidung rechtfertige ich auch damit, dass bilinguale Erziehung nur dann funktioniert, wenn die Bezugsperson mit dem Kind immer dieselbe Sprache spricht – nicht irgendeinen Mischmasch. Trotzdem fühle ich mich – das ist wohl die Macke der Diasporajuden – gehörig schuldig. Denn schließlich sollten alle Juden Hebräisch sprechen, und warum nicht die eigenen Kinder? Also spiele ich dem Kleinen im Kinderzimmer endlos Lieder von Arik Einstein vor – die höre ich nämlich selbst gerne – und schleppe ihn einmal in der Woche zum jüdischen Kinderclub »Bambinim«. Dort gibt es israelische Lieder, die Kleinen werden auf Hebräisch aufgefordert, in die Hände zu klatschen, und am Unabhängigkeitstag werden israelische Fähnchen zum Schwenken verteilt. Leider ist mein Söhnchen – inzwischen 17 Monate alt – noch zu jung für den Kurs. Beim letzten Jom Ha’azmaut hat der Kleine die Fahnen zerrissen, und statt sich zum Takt der Hebrew Beeats aus den Lautsprechern zu bewegen, versucht er, den Stecker der Stereoanlage zu ziehen.
Doch was nicht ist, kann ja noch werden. Spätestens in der jüdischen Grundschule wird mein Sohn am Hebräisch-Unterricht nicht vorbeikommen. Dann lernt er die heilige Sprache eben nicht von seiner Mutter, sondern von seiner Hebräisch-Lehrerin. So lange er noch ein Kleinkind ist, verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl: Die Sprache, die mir am natürlichsten von den Lippen kommt, kann für meinen Sohn nicht schlecht sein. Und falls er eines Tages fließend Hebräisch lernen will, bin ich die Erste, die ihm einen Ulpan spendiert.