Finale

Ayalas Welt

Immer mehr Juden schwören auf »Öko-Kaschrut«. Für diese Kinder Israels, die ihre Verantwortung für die Schöpfung ernst nehmen, sind nicht nur Eisbein, Cheeseburger und Shrimps tabu. Sie achten auch darauf, dass ihr koscherer Hamburger nicht von einem bei der Schlachtung gequälten Rind stammt. Das Frühstücksei sollte von freilaufenden Hühnern gelegt worden sein, die Milch aus den Eutern glücklicher jüdischer Kühe fließen.

Mir erscheinen die Prinzipien der Öko-Kaschrut absolut logisch – sogar mehr als die der herkömmlichen koscheren Küche. Dass man auf Putengeschnetzeltes in Sahnesoße oder auf Spargel mit Schinken und Sauce Hollandaise verzichten soll, leuchtet zumindest Feinschmeckern nicht ein. Aber wer will schon Tiere quälen?

öko-schwein Aus diesem Grund essen wir zu Hause auch nur Schalentiere, die nicht in kochendem Wasser getötet wurden: Nordseekrabben ja, Hummer nein. Ich weiß, koscher ist das nicht. Dafür versuche ich, wenigstens ökologisch bewusst zu handeln. Wenn wir an der Reihe sind, die Eier für das Frühstück in der jüdischen Kita unseres kleinen Sohnes mitzubringen, kaufe ich immer eine Packung mit Freilandeiern.

Dennoch ist meine Umweltbilanz leider negativ. Schuld ist just die Kita. Die liegt im Grunewald. Wir wohnen in Berlin-Friedenau. Früher bin ich die Strecke jeden Morgen brav mit S-Bahn und Bus gefahren. Das dauerte eine Dreiviertelstunde. Seit mein Vater mir aber vor zwei Monaten seinen alten Golf geschenkt hat, bin ich zum Öko-Schwein geworden. Jetzt fahre ich zur Kita mit dem Auto und schaffe den Weg auf dem Stadtring in 14 Minuten – vorausgesetzt, es ist kein Stau. Das kommt meinem Zeitbudget zugute. Statt im öffentlichen Nahverkehr zu sitzen, kann ich am Schreibtisch arbeiten.

Umweltfreundlich ist das natürlich nicht. Aber aus ökologischer Sicht wäre es sowieso besser gewesen, ich hätte meinen Sohn in die evangelische oder die katholische Kita in der Nachbarschaft geschickt. Oder in die Kita der Heilsarmee gleich um die Ecke. Gestern habe ich gesehen, dass dort ab August noch Plätze frei sind. Doch so weit reicht mein Umweltbewusstsein nicht. Mein Sohn soll nicht Jesus preisen, sondern, trotz unserer unkoscheren Küche, eine jüdische Erziehung genießen. Er soll Schabbatlieder singen, ein bisschen Hebräisch lernen, und ich will mit den anderen jüdischen Müttern tratschen,wenn ich den Kleinen am Mittag abhole. Dafür nehme ich in Kauf, dass die Schöpfung leidet. Habe ich auch den allwöchentlichen CO2-Ausstoß durch die Schabbatkerzen in der Kita erwähnt? Ich werde mir wohl kein Öko-Kaschrut-Siegel verdienen.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025