Comedy

Auf einen Kaffee mit Obama

»Zero fucks left«: Obama und Seinfeld beim entspannten Plausch Foto: dpa

Wer hat sich diese Fragen nicht schon einmal gestellt: Wonach sich ein Staatsmann am meisten nach seinen Jahren in den abgeschirmten Hallen der Macht sehnt? Wie Barack Obamas Alltag wirklich aussieht? Ob der US-Präsident in Unterhosen durch das Weiße Haus spazieren könnte, wenn er wollte? Und von welcher Marke seine Unterwäsche ist?

All diese Fragen sind jetzt beantwortet, man muss bloß auf die Website von Jerry Seinfeld gehen und sich das etwa 20 Minuten lange Video anschauen, das der Comedian vergangene Woche online gestellt hat. Die Medien feierten die Sendung sogleich als einen Coup sondergleichen, den Seinfeld da für seine Serie Comedians In Cars Getting Coffee gelandet hat, bei der er gewöhnlich mit anderen Komikern in Oldtimern durch die Gegend fährt, gemeinsam Kaffee trinkt und über dies und jenes plaudert. Mit der Chuzpe des Hofnarren fragte Seinfeld einfach mal im Oval Office nach, ob Obama teilnehmen würde – zu seiner Überraschung gab es grünes Licht.

Normalität Warum Obama mitgemacht hat, hört man ihn nach etwa der Hälfte des spaßigen Filmchens sagen. Am meisten, gab Obama zu, sehne er sich nach etwas Normalität. Etwa an einem Samstag mit jemandem wie Seinfeld, zu dessen größten Fans er sich selbst zählt, durch die Gegend zu spazieren und über Nichtigkeiten zu reden. So entspannt und improvisiert wirkt dann auch der Clip, obwohl natürlich alles hoch inszeniert ist.

Doch man hatte den Eindruck, als habe Obama das Intermezzo genossen. Einmal wenigstens so tun, als könne er in seinem Amt einen ganz normalen Nachmittag mit einem Freund verbringen und darüber plaudern, wie sein Leben so ist. »Wie viele Weltführer haben den Verstand verloren?«, fragt Seinfeld. Obama lächelt: »Ziemlich viele!«

Der Ausflug mit Seinfeld gehört zu den Dingen, die sich Obama gegen Ende seiner letzten Amtszeit einfach einmal erlaubt. Die Episode passte in das Bild eines Präsidenten, der sich zunehmend weniger darum schert, was man von ihm denkt. Dem die Kritiker, besonders aus dem Lager der Opposition, gestohlen bleiben können, weil er es ihnen ohnehin nicht recht machen kann. Schon bei seiner Rede zur Lage der Nation am Anfang des Jahres 2015 wies Obama darauf hin, dass er keine Wahl mehr gewinnen muss.

wiedersehen Die neue Offenheit, die viele seiner Anhänger sich schon viel früher gewünscht hätten, hat ihm den Beinamen »zero fucks left« eingetragen. Er ist der Präsident, dem die »Fucks« ausgegangen sind, der sich nicht mehr darum schert, wie es um seine Beliebtheitswerte in den Umfragen steht.

Der Obama der letzten Monate steht für seine Überzeugungen ein und tut, was ihm gefällt. Und so darf man sich auf produktive wie unterhaltsame letzte 13 Monate des US-Präsidenten freuen. »See you again«, sagt Jerry Seinfeld zum Abschied am Ende der Sendung. »You bet!«, versichert ihm Obama – und grinst.

Haushaltslage im Land Berlin

Topographie des Terrors befürchtet Programmeinschränkungen

Stiftungsdirektorin Andrea Riedle sieht vor allem die Bildungsarbeit gefährdet

 26.12.2024

Rezension

Fortsetzung eines politischen Tagebuchs

In seinem neuen Buch setzt sich Saul Friedländer für die Zweistaatenlösung ein – eine Vision für die Zeit nach dem 7. Oktober ist allerdings nur wenig greifbar

von Till Schmidt  26.12.2024

Medien

Antisemitische Aggression belastet jüdische Journalisten

JJJ-Vorsitzender Lorenz Beckhardt fordert differenzierte und solidarische Berichterstattung über Jüdinnen und Juden

 26.12.2024

Rezension

Ich-Erzählerin mit böser Wunde

Warum Monika Marons schmaler Band »Die Katze« auch von Verbitterung zeugt

von Katrin Diehl  25.12.2024

Bräuche

»Hauptsache Pferd und Kuh«

Wladimir Kaminer über seine neue Sendung, skurrile Traditionen in Europa und einen Kontinent in der Krise

von Nicole Dreyfus  25.12.2024

Dessau

»Was bleibt«

Am Anhaltinischen Theater setzt Carolin Millner die Geschichte der Familie Cohn in Szene – das Stück wird Anfang Januar erneut gespielt

von Joachim Lange  25.12.2024

Kolumne

Aus der Schule des anarchischen Humors in Minsk

»Nackte Kanone« und »Kukly«: Was mich gegen die Vergötzung von Macht und Machthabern immunisierte

von Eugen El  24.12.2024

Rezension

Die Schönheit von David, Josef, Ruth und Esther

Ein Sammelband bietet Einblicke in die queere jüdische Subkultur im Kaiserreich und der Weimarer Republik

von Sabine Schereck  24.12.2024

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024