Die Film- und Fernsehproduzenten, die sich in der mächtigen »Alliance of Motion Picture and Television Producers« (AMTP) organisiert haben, sind in höchster Not. Den streikenden Drehbuchautoren, die in der Gewerkschaft »Writers Guild of America« (WGA) für eine zeitgemäßere Entlohnung unter Berücksichtigung von Streamingdiensten kämpfen, sind nun auch die Schauspieler beigesprungen.
Auch sie kämpfen für eine gerechtere Bezahlung, vor allem ihrer schlechter verdienenden Kollegen, die nur ein paar Aufträge pro Jahr haben und für Wiederholungen in Streaming-Diensten kein Geld bekommen. Auch die Tatsache, dass sie nun nach dem Willen der Studios buchstäblich ihren Körper verkaufen sollen, indem sie das Recht auf elektronische Bearbeitung und Verwertung ihrer Physis, etwa durch Künstliche Intelligenz, abtreten, bringt die Mimen auf die Palme.
»bubkis« Gerade erst schmetterte die Schauspielerin Fran Drescher (The Nanny), die auch Chefin der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA ist, ein Angebot der Produzenten ab – auf Jiddisch: Das sei alles »›A Leck and a schmeck‹, wie meine Mutter in solchen Situationen sagen würde«, also ein Lecken und Schmecken – auf gut Deutsch nichts, was die »geizige Bande« da anzubieten habe. Das Angebot sei »bubkis«, also nichts wert, legte die Chefin von 160.000 organisierten Gewerkschaftsmitgliedern bei einer Pressekonferenz nach. Erstmals seit den 60ern sind die beiden Gewerkschaften gemeinsam im Ausstand. Die WGA streikt mittlerweile schon seit einem Vierteljahr.
Die Auswirkungen auf die Film- und Serienproduktion in Hollywood verschärfen sich zusehends. Top-Serien wie Sylvester Stallones Tulsa King oder die Margaret-Atwood-Adaption The Handmaidʼs Tale werden nicht weitergedreht. Selbst der Ärzte-Klassiker Greyʼs Anatomy muss seine 20. Saison verschieben. Wann der Streik enden wird, ist momentan unklar. Im Jahr 1960 dauerte der Arbeitskampf der Drehbuchautoren 153 Tage. Zu den Filmprojekten, die vom Streik betroffen sind, gehören laut Internet Movie Database Blockbuster, die bereits in der Produktion waren, wie Ghostbusters 4, Mufasa: Der König der Löwen oder Avatar 3 und Avatar 4.
Gewerkschaftschefin Drescher ist nicht die einzige prominente Jüdin, die sich in dem Arbeitskampf positioniert. Auch Oscar-Preisträgerin Jamie Lee Curtis (Everything Everywhere All at Once) postete auf Instagram, sie sei »stolz und begeistert, … als Streikposten dazustehen«. In der Hand hielt sie ein Schild mit der Aufschrift »Als Schutz beim Sex hilft ein Kondom, als Schutz bei der Arbeit ein Vertrag! Für eine starke Gewerkschaft!«.
Neben der auch in Europa prominenten Jamie Lee Curtis sind in dem Arbeitskampf in Hollywood in beiden Gewerkschaften naturgemäß auch viele jüdische Schauspieler und Drehbuchschreiber vertreten, die in Europa weniger bekannt sind.
Authentisch Fran Dreschers jüdische Identität ist seit Langem von zentraler Bedeutung für ihre Figuren. Die Jewish Telegraphic Agency hebt hervor, dass sich in der zweiten Staffel der Sitcom The Nanny, die Drescher geschrieben und in der sie die Hauptrolle gespielt hat, die Hauptfigur Fine weigert, ein Hotel zu betreten, in dem die Zimmermädchen streiken. »Es tut mir leid, aber die Fines durchbrechen keine Streikpostenketten«, sagt sie zu ihrem Begleiter, dem Vater der Familie, für die sie arbeitet. »Das ist gegen unsere Religion.« Drescher, die die Namen ihrer Eltern auch für die fiktionalen Eltern der Fran Fine übernahm, ist als Drehbuchautorin auch Mitglied der WGA.
Als die beiden Gewerkschaften das letzte Mal gemeinsam streikten, war ein gewisser Ronald Reagan Chef der SAG-AFTRA. Er wurde später Präsident der Vereinigten Staaten. Ob Fran Drescher in dieser Hinsicht auch Ambitionen hat, ist nicht überliefert