Frau Svironi, Sie haben kürzlich »Mein Kind – The Dictator’s Mom« im Magdeburger Puppentheater aufgeführt. Worum geht es in dem Stück?
Ich habe viele Jahre lang in Frankreich gewohnt, und als Israelin dort zu leben, war nicht immer einfach – und wird auch nicht einfacher. Damals, es war zur Zeit des Arabischen Frühlings, kam ich in meinem Stück »Walking on Eggshells« zum ersten Mal mit dem Thema Diktatoren in Berührung. Mich haben Diktatoren immer interessiert. Ich habe viel über sie gelesen und während meiner Recherchen entdeckt, dass diese Menschen vieles gemeinsam haben. In ihren Familien, in ihrer Art, wie sie aufwuchsen.
Können Sie das kurz erklären?
Nun, oftmals wurden Menschen, die später Diktatoren waren, in Familien hineingeboren, in denen es bereits vor ihnen viele Todesfälle bei Kindern gab. Die Eltern standen also unter einem gewissen Schock. Saddam Husseins Mutter zum Beispiel wollte ihr ungeborenes Kind bereits im Mutterleib umbringen. Ihr neuer Mann erkannte das Kind nicht als seines an und schlug es. Und dieses oder ähnliche Muster gab es bereits in den Familien anderer Diktatoren.
Wie setzten Sie das in einem Puppentheater um?
Das Publikum sieht vor sich eine Frau, die ihm vielleicht etwas zerstört vorkommt. Es beobachtet, wie aus einem kleinen Kind, einem unschuldigen Kind, ein Monster wird, das die Welt vernichten will. Es ist ein Kabarett, es ist Satire, und es gibt rabenschwarze Lieder.
Dass aus Kindern Diktatoren werden – wie kann so etwas passieren?
Sie hatten alle eine schwere Kindheit. Als ich über Saddam Husseins Kindheit las, musste ich beinahe weinen. Erst versuchte seine Mutter, ihn umzubringen, er wurde von einem Mann fast jede Nacht vergewaltigt, er tötete Tiere, um zu überleben. Und langsam, aber sicher wurde aus diesem Kind ein Psychopath. Frei nach dem Motto: Wenn ich so leiden muss, dann müssen auch andere leiden. Was ihnen geschieht, das muss auch anderen geschehen. Sie wollen Menschen leiden sehen.
Sie sagen, dass Diktatoren »eine schwere Kindheit« hatten – ist das nicht etwas einfach?
Es ist wichtig zu wissen, dass alles mit einem Kind beginnt. Das Kind ist gut. Was die Gesellschaft aus ihm macht, wie sie mit ihm umgeht, ist aber auch wichtig. Hass kommt immer wieder vor.
Die Welt ist immer noch voller Diktatoren. Was sagt das über uns aus?
Es ist auf jeden Fall ganz schrecklich! Ich versuche zu verstehen, wie es im Deutschland der 30er-Jahre so weit kommen konnte, wie es kam. Heute gibt es zwar Demokratien, aber viele Menschen hassen ihre Regierungen.
Wie, denken Sie, wird das deutsche Publikum auf Ihr Stück reagieren?
Ich habe im vergangenen Jahr in Deutschland gespielt. Auch in Österreich und Polen. Ich wurde von allen diesen Ländern eingeladen und bin sehr stolz auf sie, denn sie zeigen, dass sie bereit sind, sich mit dem Thema Diktatoren auseinanderzusetzen. Ich glaube beispielsweise nicht, dass Frankreich so weit ist. Bei meinem letzten Auftritt in Deutschland wurde ich sehr herzlich empfangen. Das hat mich außerordentlich berührt. Man muss auch über etwas Schlimmes lachen.
Finden Sie?
Nun, ich bin jüdisch, ich darf es. Die Familie meines Vaters wurde in der Schoa ermordet. Und als Clown muss ich über Ernsthaftes lachen. Denn das machen Clowns. Sie helfen anderen – und auch sich selbst –, freier zu werden.
»Mein Kind – The Dictator’s Mom« wird am 26. Juni um 23.30 Uhr im Puppentheater Magdeburg aufgeführt.
Das Puppenspiel wird durch The Culture and Sport Ministry, Israel, gefördert.
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www.puppentheater-magdeburg.de/inszenierung/svironi-fantasy-theatre-il-mein-kind-the-dictators-mom