Wuligers Woche

Akademie für Phrasendreschen

Die Akademie des Jüdischen Museums Berlin Foto: Yves Sucksdorff

Man soll ja niemanden treten, der schon am Boden liegt. Das Jüdische Museum Berlin hat derzeit Probleme genug. Die Programmdirektorin hat nach nicht einmal zwei Jahren gerade gekündigt; die angekündigte neue Dauerausstellung kommt nicht richtig in die Puschen; und das Programm der Museumsakademie gerät immer wieder wegen mangelnder Abgrenzung zu »Israelkritikern« in die Diskussion.

Dabei will gerade die Akademie doch nur das Beste: »Angesichts der Bedrohung durch den erstarkenden Rechtspopulismus ist es wichtiger denn je, sich um Allianzen und Solidarität zwischen verschiedenen Communities zu bemühen«, twitterte Yasemin Shooman, die Leiterin der Akademieprogramme, vergangenen Freitag. »Mit der Akademie des Jüdischen Museums bieten wir genau diesen Raum für Austausch, Empowerment und Vernetzung.«

SOZIALWISSENSCHAFT »Communities« und »Empowerment«. Ich bin englischer Muttersprachler. Aber was das bedeuten soll, habe ich nicht wirklich verstanden. »Communities« heißt übersetzt »Gemeinschaften«. Warum nicht das deutsche Wort? Oder ist damit etwas anderes gemeint? Wikipedia listet unter dem Stichwort verschiedene Erklärungen auf. »Community« ist unter anderem ein walisischer Verwaltungsbezirk, eine amerikanische Fernseh-Sitcom und, mein Favorit, ein britischer Horrorfilm von 2012: Community – Der Schrecken kommt in deine Nachbarschaft.

»Empowerment« wiederum habe ich zunächst als »Ermächtigung« übersetzt. Vielleicht, so meine Überlegung, bevorzugt man die englische Vokabel, weil das deutsche Wort durch das gleichnamige NS-Gesetz von 1933 belastet ist. Ein neuerlicher Klick auf Wikipedia belehrte mich dann aber, dass es sich um einen eingeführten Begriff aus der Sozialwissenschaft handelt: »Mit Empowerment (vom englischen empowerment ›Ermächtigung, Übertragung von Verantwortung‹) bezeichnet man Strategien und Maßnahmen, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen oder Gemeinschaften erhöhen sollen und es ihnen ermöglichen, ihre Interessen (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten.«

FACHBEGRIFF Leider nicht angegeben war, ob es »Empowerment« nur als Substantiv gibt oder auch als Verb: ich empowere, du empowerst, er/sie/es empowert, wir empowern, ihr empowert, sie empowern. Oder als Adjektiv: »Seit sie an der Akademie des Jüdischen Museums arbeitet, ist sie viel empowerter als früher.«

An dieser Stelle fiel mir Friedrich Torberg ein, der in einem seiner Bücher von dem kleinen jüdischen Jungen erzählt, der den englischen Satz »Knowledge is power« sah und verstand, dass ein gewisser Knowledge »pover«, also arm sei. Was auf die Akademie des Jüdischen Museums nicht zutrifft. Der Raum, den sie Communities zum Empowerment bietet, hat 11,5 Millionen Euro gekostet. Für diese Art Aktivitäten gibt es übrigens auch einen englischen Fachbegriff: »Bullshit« – laut Wikipedia »eine bestimmte Art von Gerede, das im Gestus oft prätentiös, inhaltlich aber leer ist«.

Los Angeles

Adrien Brody: Kim Kardashian jagte mein Internet in die Luft

Adrien Brody kann für seine Rolle in »Der Brutalist« auf einen zweiten Oscar hoffen. Große Aufmerksamkeit bekam er zuletzt auch wegen eines Projekts, in dem er gar nicht mitspielt

 04.02.2025

Kulturkolumne

Die Willkür von Symbolen

Gedanken zu Swastika, Hakenkreuz und roten Dreiecken in Fernost

von Laura Cazés  04.02.2025

Kassel

Documenta-Gesellschaft veröffentlicht Verhaltenskodex

Die Weltkunstschau trete »jeder Form von Antisemitismus, Rassismus und jedweder anderen Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« aktiv entgegen, heißt es darin

 03.02.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Von wegen Laufmaschen: Geschichten aus Strumpfhausen

von Nicole Dreyfus  03.02.2025

Eurovision

Der traurigste Tanz der Welt

Yuval Raphael überlebte den Nova-Rave am 7. Oktober. Nun vertritt sie Israel beim Song Contest

von Sabine Brandes  02.02.2025

Aufgegabelt

Jerusalemer Bagel

Rezepte und Leckeres

 02.02.2025

TV-Tipp

Paul Newman im großen Arte-Themenabend

Spielerdrama »Die Farbe des Geldes« und Doku über den US-Filmstar

 01.02.2025

Kultur

Uraufführung des Oratoriums »Annes Passion«

Über die Darstellung von Anne Frank in veschiedenen Kunstformen streiten Historiker und Autoren seit mindestens 70 Jahren. Das Oratorium von Evgeni Orkin entfacht die Kontroverse neu

von Valentin Schmid  31.01.2025

Nachruf

Grande Dame des Pop: Marianne Faithfull ist tot

In den »Swinging Sixties« war sie Mick Jaggers schöne Freundin - eine Zuschreibung, mit der sie später oft haderte. Nach Schlagzeilen und Drogensucht gelang ihr die künstlerische Wiederauferstehung

von Werner Herpell  31.01.2025